Game of Thrones: The North Remembers (2×01)

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Nach der ersten Game of Thrones-Staffel konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und habe alle fünf Bücher hintereinander weg gelesen. Natürlich werde ich mich in diesen wöchentlichen Abhandlungen der neuen Staffel zügeln müssen, um nicht diejenigen von euch zu spoilern, die die Bücher nicht kennen! Umgekehrt bitte ich auch euch, Spoiler in eventuellen Kommentaren zu vermeiden. Übrigens möchte ich auch gar nicht ständig Vorlage und Verfilmung vergleichen, sondern die Geschichte kommentieren, wie wir sie in der Serie Game of Thrones serviert bekommen.

Dennoch hoffe ich, mit diesen Texten sowohl der Vorlage als auch der HBO-Verfilmung gerecht zu werden. Warum? Weil Game of Thrones Anerkennung verdient. Angefangen mit dem Vorspann, der jetzt auch einen Standort mehr enthält (Dragonstone), und endend mit Melisandres “The night is dark and full of terrors. But the fire burns them all away.”

Die zweite Staffel eröffnet mit Feuer, aber mit einem, das noch nicht entfacht ist. Als Vorglühen lauert es im Hintergrund – oder besser gesagt: am Himmel, in der Gestalt eines blutroten Kometen, der diesen Himmel in Stücke zu reißen droht. Darum geht es in dieser zweiten Staffel: um den Eisernen Thron, nach dem seit Roberts Tod etliche neue Könige lechzen. Die Kämpfe drohen das Königreich in Stücke zu reißen, mit Feuer und Blut. In The North Remembers können wir den Kometen als Vorboten der drohenden Zerstörung lesen; zugleich verbindet er alles, nicht nur metaphorisch, sondern auch auf visueller Ebene. Die Macher von Game of Thrones setzen vertikale Kameraschwenks ein, um von einem Standort zum nächsten zu wechseln. Die Kamera schwenkt zum Himmel, zum Kometen – und dann wieder nach unten zu einem neuen Schauplatz von Ereignissen. Es ist eine Bewegung, die den Weg zur Macht beschreibt. Man strebt gen Himmel, kann sich aber jederzeit auf dem Boden der Tatsachen wiederfinden. Und die sind schmutzig, blutig, tödlich…

Diese Auftakt-Episode der neuen Staffel erinnert uns einerseits daran, wer sich wo, wie und mit wem in der Geschichte befindet; andererseits bereitet sie den Boden für das Kommende vor – so, als würde man Holz sammeln für ein Feuer, in dem unausweichlich manche Beteiligte verbrennen werden. Andere hingegen werden als Sieger aus den Flammen hervortreten. Aber es fragt sich stets, für wie lange. Denn in Game of Thrones ist Macht oft nicht von Dauer!

Die erste Staffel endete mit Daenerys, die die Flammen überlebte und ihnen als Mutter dreier Drachen entstieg. Jetzt sehen wir sie und ihre Leute verloren in der Wüste, erschöpft, sterbend, machtlos. Der kleine Drache – wir sehen nur einen – ist der einzige Lichtblick neben dem sengenden Licht der Wüstensonne, die blendet und die Ausweglosigkeit auf Daenerys‘ ausgetrockneten Lippen ihre Spur ziehen lässt. Wohin? Ihr Blick steigt zum Himmel, zu dem Kometen. Soll sie ihm folgen? Sind die Überlieferungen wahr, von denen Osha Bran erzählt, dass nämlich der Komet die Drachen ankündigt – die Herrschaft des Feuers? Zwei andere Schwenks bringen uns zu zwei möglichen Antworten, die einander diametral entgegengesetzt scheinen – und doch lassen die Exzesse dieses Unterschieds eine zukünftige Verbindung ahnen. Feuer und Schnee, Süden und Norden.

Nur: Mit Norden ist der echte Norden gemeint, Beyond the Wall, wo sich vermutlich eine größere Gefahr für Westeros anbahnt, als die Intrigen der unterschiedlichen Könige sie darstellen. Denn auch dort befindet sich ein König, der seine Armeen zu sammeln beginnt – wenn Commander Mormont und die Männer der Night Watch ihrem derzeitigen Gastwirt Glauben schenken: Craster, dem Wildling, der seine eigenen Töchter heiratet. Nach dessen Angaben mustert Mance Rayder, der sich The King Beyond the Wall nennt, eine Wildling-Armee, die nach Westeros marschieren soll. Aber auch eine andere Warnung behält ihre Gültigkeit, die wir zum ersten Mal damals in der Pilot-Episode aus Eddard Starks Mund hörten: Winter is coming.

Immer kann Kälte das Feuer erlöschen lassen. Und die Kälte, die aufzieht, bringt Ungeheures mit sich. Davon allerdings sehen wir in dieser Episode  nicht viel, denn die Zeit ist einfach viel zu knapp, um uns an alles zu erinnern und uns die neuen Gesichter zu präsentieren! Oder, mit Tyrions Worten zusammengefasst: “So many adventures. So much to be thankful for.” Ein kleiner Mann, verglichen mit den meisten anderen Beteiligten – aber einer der großen Auftritte: Peter Dinklage beherrscht jede Szene, in der er zu sehen ist. In seiner ersten Szene verwirrt Tyrion Joffrey mit gezielten und zweideutigen Worten – und das mittendrin in Joffreys grausamen Spielchen mit Leben und Tod seiner Untergebenen. Zu ihnen zählt auch Sansa, die das Beste aus ihrer Situation zu machen versucht. Interessanterweise sehen wir in der nächsten Szene Joffreys Mutter, Cersei. Der Blick auf sie ist jedoch versperrt – die Kamera zeigt ihr Gesicht durch die Stäbe eines Käfigs hindurch.

Wie ein Vogel in einem goldenen Käfig ist Sansa eingesperrt, und die Aufnahmen von Cersei weisen darauf hin, wie meisterhaft diese die Hofintrigen zu lancieren und handzuhaben versteht: Es ist tatsächlich schwer, einen freien Blick auf sie zu bekommen, zu sehen, wer sie ist und was sie vorhat. Tyrion als Einziger scheint sich ein komplettes Bild von seiner Schwester machen zu können, was Cersei in den Wahnsinn treibt – genauso wie die Nachricht, dass ihr Vater Tyrion mit der Macht von The King’s Hand ausgestattet hat. Somit übernimmt er eine große Rolle in den Machtkämpfen. In dieser Episode wird uns präsentiert, wie Macht ausgeübt werden kann, wie jede/r danach strebt und wie die Beteiligten diese Macht verstehen. Nachdem Bran in einem seiner Träume die Welt mit Direwolf-Augen gesehen hat, sehen wir Maester Luwin ihn lehren, dass Macht bedeutet, auf andere hören zu können: ihre Bitten, Gedanken, Träume mitzubekommen und sie dadurch kennenzulernen.

In Kontrast dazu steht Joffrey, für den Macht bedeutet, auf niemanden zu hören – bis auf die eigene, sadistisch-perverse innere Stimme. In  der Konfrontationsszene zwischen Littlefinger und Cersei (To Kill a mockingbird… or not?) kristallisieren sich ebenfalls zwei unterschiedliche Herangehensweisen heraus, was Macht betrifft: Abhören und dadurch Informationen gewinnen (Littlefinger: Power is knowledge) versus gegenwärtig das Sagen haben, im Hier und Jetzt über Leben und Tod bestimmen (Cersei: Power is Power). Cerseis Worte mögen eine dominante Position darstellen, aber kann eine solche der Prüfung der Zeit standhalten? Am Ende der Episode sehen wir auf grausame Art und Weise, wie Joffrey Macht ausübt. Wusste Cersei davon? Wohl eher nicht…

So kommen wir zu einem weiteren machtvollen Auftritt in dieser Episode: dem der Priesterin Melisandre – nicht etwa dem des nächsten Königs, Stannis Baratheon. In der ersten Staffel spielten Götter, Glauben und Mythen eine geringere Rolle aber jetzt spürt man sie immer mehr in den Vordergrund der Erzählung rücken. Wir sehen zwar wenig von Stannis‘ Hof, aber umso eindrucksvoller wirkt Melisandres Auftritt, als sie einen jahrhundertelangen Glauben und damit die alten Götter dem Feuer überantwortet: Damit verspricht sie Stannis – und natürlich sich selbst – die absolute Macht ihres Licht-Gottes.

Während Arya auf dem Weg zu The Wall nur die Macht ihres unbändigen Willens besitzt, hat ihr Bruder Robb, The King of the Nord, Jamie Lannister in der Hand – und damit vermutlich das einzige Druckmittel gegen Cersei und ihren Vater Tywin. Die Frage ist, wie er seine Machtkarte ausspielen will. Die Macht mit anderen zu teilen, wäre gar keine schlechte Idee. Aber ob Renly Baratheon, der sich selbst ebenfalls als König ausgerufen hat, derselben Meinung ist? Wie der Titel des zweiten Buchs uns verrät: A Clash of Kings!

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