Luck: Episode 3

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Wenn Massive-Attack-Songs in TV-Erzählungen benutzt werden, stellt sich bei mir stets das Gefühl ein, in einen hypnotisch sicheren Zustand gewiegt zu werden. Man lässt sich treiben, ohne zu merken, wie der Boden unter den Füßen verschwindet. Umso passender, dieses Gefühl in einer Serie über das Glücksspiel zu erzeugen. Wie schon mehrmals angemerkt wurde, richtet sich Luck an diejenigen, die sich auf die Erzählung über diese Welt einlassen wollen oder aber selbst einmal mit ihr in Berührung gekommen sind.

Luck nimmt sich auch in dieser dritten Episode Zeit, um in diese Welt einzuführen und über das Spiel mit dem Glück und das Glücksspiel zu berichten. Erfolgreiches Spiel und freier Fall liegen dicht beieinander, wie wir sehen. Manche sind der Geschwindigkeit des Spiels nicht gewachsen, andere fordern ihr Glück zu sehr heraus, und wieder andere wählen nicht unbedingt die richtige Herangehensweise – oder sogar alles auf einmal. Doch gleichgültig, wer wie handelt und wer welchen Zweck verfolgt: Jeder darf an dem Spiel teilnehmen. Und es geht nicht nur um Pferdewetten.

Als Gus (Dennis Farina) etwas später in der Episode dem jungen Finanzgenie seine Frage, ob er das Bad benutzen dürfe, beantwortet mit: „America, kid“, so sagt er damit etwas über das “Spiel” an sich. Übrigens erinnert mich dies an die Eröffnungssequenz einer anderen HBO-Serie, an einen TV-Roman: The Wire, die beste TV-Serie, die ich bisher gesehen habe. An ihrem Anfang also spricht Detektiv McNulty mit einem der Straßendealer über den Mord an Snotboogie: „I got to ask you. If every time Snotboogie would grab the money and run away, why’d you even let him in the game?“ Zeuge: „What?“ McNulty: „If Snotboogie always stole the money, why’d you let him play?“ Zeuge: „You got to, this America, man.“ Das kann man nur mit einem anderen geflügelten Satz aus The Wire kommentieren, der von Omar Little stammt: „All in the game, yo, all in the game.“ In dem Spiel, das die Luck-Autoren aufziehen, zeichnet sich ein deutliches Muster ab, das wir schon letztes Mal angesprochen haben.

Orientierungspole scheinen Ace Bernstein (Dustin Hoffman) und Walter (Nick Nolte) zu sein, zwischen denen sich der Rest bewegt; in der Mitte jeder Episode findet ein Rennen statt. Am Anfang der Episode werden Ace und Walter in aufeinander folgenden Szenen aus derselben Kameraperspektive gefilmt, was die Verbindung zweier älterer Männer hervorhebt, die ihre Leidenschaft fürs Spiel niemals aufgeben. Wie schon erwähnt, werden wir in dieser Episode Zeugen eher vom Fallen als vom Rennen.

Zwei männliche Jockeys erleben einen rein physischen Fall, einer auf der Rennbahn und ein anderer nach dem Sauna-Besuch. Winkt Rosie die Chance, das Rennen mit Walters Pferd zu machen? Wir werden sehen. Die Gambler-Welt mag hypnotisch und eintönig erscheinen, aber schneller als überall sonst kann sich das Glück im Handumdrehen ändern – und damit ein ganzes Leben und die Schicksale aller, die mit dieser Welt in Verbindung stehen. Wie Tag und Nacht. Vom Morgen bis zum Abend, wie die Dauer der Luck-Erzählung pro Episode.

Aufwachen und Einschlafen gleichen einander insofern, als sie Hoffnung in sich bergen – zumindest für die vier frisch gebackenen Millionäre und ungleichen Partner: Hoffnung vielleicht auf mehr als nur die bisherige Existenz. Sie schaffen es, dem Cowboy das Pferd abzukaufen und zum Training zu Escalante zu geben. Besonders rührend wirkt die Szene, als sich die vier mit kindlicher Freunde und Angst zugleich dem Pferd nähern, um es zu streicheln. Ein Traum scheint in Erfüllung zu gehen.

Wovon träumt Ace Bernstein? Er ist zu müde, um noch darüber zu sprechen. Die Episode endet wieder mit ihm und Gus, die, auf dem Bett und im Sessel, über die Ereignisse sprechen. Aber nicht lange, denn sie schlafen ein und träumen… von Pferden und Glück.

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