Da Luck mit dieser fünften Episode dem eigenen Ablauf untreu wird, erlaube ich mir, sie von hinten aufzuzäumen und mit dem Ende anzufangen: mit Ace Bernstein (Dustin Hoffman), der schläft und von Pferden und Glück träumt, während im Off Devendra Banhart “Now That I Know” singt. Die Kamera zeigt uns ein extremes Close-Up vom Auge Pint Of Plains, des Pferdes, das Gus und Ace gehört. Denn Ace schläft im Stall, auf einem Stuhl in der Nähe des Pferdes.
Pint weckt ihn mit einem kleinen Stups. Es folgt ein extremes Close-Up von Aces Augenpartie. Die Kamera verbindet Mann und Pferd: zwei, die Rückschläge einstecken können, die nicht aufgeben, sich nicht beirren lassen und das Rennen mit dem Sieg beenden wollen. Für Ace ist es noch nicht so weit – doch Pint hat gerade sein erstes Rennen gewonnen, obwohl ihm das abgefallene Hufeisen (CGI nicht wirklich überzeugend) eines anderen Pferdes eine Platzwunde am Bein verursacht hat. Ironischerweise bedeutet ja das Hufeisen eigentlich Glück…
Zwei Augen – des Mannes und des Pferdes, so fern und doch so nah. Eine stille Liebkosung. Zwar wird sie von uns beobachtet, aber dennoch vermittelt die Szene das Gefühl einer in sich geschlossenen, intimen Begegnung. Das Teilen von Glück mit jemand anderem: eigentlich eine Liebesszene, wie sie Ace mit Claire in dieser Episode nicht erlebt, obwohl sie für längere Zeit an seiner Seite ist.
Dustin Hoffman in der Rolle des Ace Bernstein nimmt, so könnte man sagen, langsam Fahrt auf. In dieser Episode steht Ace mehr oder weniger im Mittelpunkt: nicht nur gemessen an seiner Screentime, sondern auch wegen Hoffmans Performance – von der begeistert-erschrockenen Schusseligkeit, mit der er im Bademantel Claire empfangen muss, über das amüsierte Lächeln, als Gus über sie beide, Freunde und Partner und das kommende Rennen spricht, bis hin zu dem durchbohrenden Blick im Gespräch mit Escalante und schließlich der liebevollen Szene am Ende der Episode.
Diese fünfte Episode paraphrasiert den geflügelten Spruch über geteilte Freude bzw. Glück: Nicht geteilte Freude / geteiltes Glück ist nur halbe Freude / Glück. Aber vor allem zeigt sie uns das dritte wichtige Pferd in Aktion, nämlich Pint Of Plain, der genau wie Mon Gateau und Gettin’ Up Mornin’ sein Rennen (mit Hindernissen) gewinnt. Vermutlich erwartet uns im Finale einen Begegnung der drei auf der Rennbahn.
Und die ist wieder einmal phantastisch fotografiert – vor allem die Morgengrauen-Aufnahmen, nachdem sich Gus und Ace überraschend in der Mitte der Episode schlafen legen, die zwei Tage anstatt nur einen umfasst.
Wir sehen den Vorbereitungen auf das Rennen, den Alltagstätigkeiten zu: in den Pastellfarben eines langsamen Wachwerdens. Als wäre die Farbe am Malerpinsel noch nicht getrocknet, erschaffen die ersten Sonnenstrahlen neue, noch zu entdeckende Details im Bild. Dieses Erwachen spiegelt die Erzählung an sich, die Sanftheit, mit der Details über die Figuren mitgeteilt werden – sei es Joeys (Richard King) langsame Auflösung, als er vergeblich mit seiner Ex-Frau sprechen will und nur den Anrufbeantworter erreicht, oder aber Marcus und seine gesundheitlichen Probleme.
Ein Teil dieser Probleme ist Stress, sagt der Arzt und gibt ihm Valium. Als hätte man die Vorhänge vor dem eigentlichen Marcus zur Seite gezogen, sehen wir und Jerry nun, was dahinter steckt: nämlich ein gestresster Marcus – gestresst aus Sorge um seinen geliebten Freund Jerry. Nein, Marcus wird nicht zu den „fag wheelchair Olympics“ fahren, wie Jerry es ausdrückt. Dafür aber zur Rennbahn: mit seinen Freunden (in den neuen “Foray Stables”-Shirts), mit denen er Glück und Freude teilt.
Und wenn er ein Gegenüber zum Reden braucht? Nun, da findet sich immer jemand, wie auch bei allen anderen Beteiligten. „You have somebody to talk to?“ fragt der Arzt Marcus. Nach kurzem Überlegen antwortet er: „A horse…“