Die vorletzte Episode dieser dritten Fringe-Staffel liefert sowohl Enthüllungen als auch einen spannenden Cliffhanger. Obwohl ich den Verlauf der Episode als ziemlich hektisch und sprunghaft empfand, ändert das nichts an dem großen, spannenden Fragezeichen, das sie setzt. Man kann The Last Sam Weiss ganz eindeutig in zwei Hälften unterteilen, die wiederum sehr genau Fringes Beschaffenheit als Erzählung widerspiegeln. Während die erste Hälfte mit Hilfe von Fringe-Science mythologische Enthüllungen macht, ist die zweite emotionsgeladen und wärmt das Herz: Matters of the Mind and Matters of the Heart.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Episoden dieser dritten Staffel gelingt es The Last Sam Weiss nicht, diese zwei Komponenten reibungslos und unauffällig miteinander zu verbinden; wenn es allerdings überall Blitze hagelt und die Welt unterzugehen droht, ist Sprunghaftigkeit unausweichlich. Während Walter (John Noble) Peter (Joshua Jackson) im Krankenhaus bewacht, machen sich Olivia (Anna Torv) und der letzte Sam Weiss (Kevin Corrigan) auf die Suche nach einer Möglichkeit, die Maschine zu stoppen.
Hier begegnen wir der ersten Überraschung in der Episode, nämlich, dass der Bowlingclub-Besitzer Sam Weiss nicht etwa ein Unsterblicher oder gar einer der First People ist, sondern eine Art Archivar, der auf das Ende der Welt wartet. Er ist ein Wissensträger, das letzte Glied einer Kette von Sam Weiss-Generationen, die The First People studiert haben. Diese Enthüllung selbst wirkte auf mich weniger enttäuschend als der Umgang mit Sam Weiss’ Figur: Die Serie benutzte ihn auf die Schnelle und ließ ihn dann irgendwo in der Ecke stehen. Es hat mich einfach etwas an der Darstellung gestört: von einer scheinbar allwissenden und geheimnisvollen Figur in kürzester Zeit zu einem hilflosen, mit zu viel Slapstick handelnden Indiana-Jones-Betreuer…? Man möge mich nicht missverstehen: Die Entscheidung, ihn nicht zum Allmächtigen oder Ähnlichem zu machen, scheint mir völlig in Ordnung – nur das Wie fand ich irritierend.
Nun, dieser kleine Kritikpunkt schmälert nicht die komplette Episode – und auch nicht die Erkenntnis, dass die Maschine laut Sam frustriert davon scheint, ohne Peter in Betrieb gesetzt worden zu sein. Die Ereignisse wurden so, wie sie sich derzeit entwickeln, nicht vorhergesagt. Sam sieht sich gezwungen (auch von Olivia), zum letzten Strohhalm zu greifen, nämlich einer uralten Box, deren Schlüssel er und Olivia mit besagtem Indiana-Jones-Einsatz sicherstellen.
Der nächste Schritt nun erinnert zwar sehr an J.J. Abrams’ Alias, aber er ist für Fringe nur zu logisch und vervollständigt die Kernaussage der Erzählung, womit wir in der zweiten Episodenhälfte angelangt sind. Man erinnert sich an eine Szene aus der ersten Staffel, in der Olivia mit mentaler Kraft David Robert Jones’ Bombe stoppte (falls ich es mir nicht eingebildet habe) und Peter hinter ihr stand. Nach The Last Sam Weiss muss man sich fragen, ob es “nur” Olivia war, die die Bombe entschärfte – oder ob es ihr erst durch Peters Anwesenheit gelang.
Denn die alten Manuskriptseiten aus der Box zeigen Olivias Gesicht und eine Verbindung zu der Maschine. Nicht nur Peter ist mit der Maschine verbunden, sondern auch Olivia kann eine Verbindung herstellen. Es bedarf der beiden, um das Ziel zu erreichen. Anscheinend haben die First People das vorhergesehen – aber der Verlauf der Ereignisse wurde eben zwischenzeitlich durch diese vorhergesagte Liebe selbst unter umgekehrten Vorzeichen durchkreuzt: indem nämlich Peter mit Fauxlivia zusammen war, daraus ein Kind entstand und somit die Maschine von “drüben” aus gestartet werden konnte.
Peter und Olivia sollen, metaphorisch gesprochen, eins werden, damit die Welt gerettet werden kann. Genauso wie die Maschinen auf beiden Seiten einander anziehen wie zwei Magnete und alles dazwischen zu zerstören drohen. Walter erkennt diese Tatsache, nachdem er zwei Mal vom Blitz getroffen wird, und bringt Broyles dazu, die Maschine nach Liberty Island zu transportieren, wo in der roten Welt ja Walternates Maschine steht. Damit will er das Magnetfeld zwischen den beiden reduzieren, die Zerstörung verlangsamen und so Olivia und Peter Zeit geben, um die Ereignisse aufzuhalten.Aber ist das möglich? Olivia versucht ihre mentalen Fähigkeiten zu aktivieren, aber es funktioniert nicht. (Walters Gespräch mit Olivia wird übrigens von Anna Torv und John Noble zu einer sehr schönen Szene ausgespielt.) Olivia braucht Peter. Und der ist nicht aufzufinden: verloren. Er wacht im Krankenhaus auf, hinterlässt einen Zettel mit „I am going home“ (wie der, den er als Kind Elizabeth in der blauen Welt hinterließ) und macht sich auf den Weg nach New York, wo er nach seinem Vater sucht, dem… Secretary of Defense! Erst als Olivia und Walter ihn finden, versteht Peter, in welchem Universum er sich befindet.
„Be A Better Man Than Your Father“: Diese Notiz erscheint auf der Schreibmaschine, die Olivia die ganze Zeit mit ihrem Geist zu aktivieren versuchte. Jetzt, da Peter direkt hinter ihr steht, funktioniert es.
Auch die Maschine kann sie ausschalten, und Hand in Hand gehen die beiden darauf zu, bis Peter einsteigt und die ihm vorherbestimmte Position einnimmt. Diese führt ihn… 10 Jahre in die Zukunft, in die Nähe eines Mahnmals an 09/11 – und um ihn herum herrscht Krieg. Ist es die blaue Welt? Ist es einfach eine mögliche Zukunft? Der Observer sagte einmal zu Walter: „Various possible futures are happening simultaneously. I can tell you all of them, but I cannot tell you which one of them will come to pass…“