Rubicon: Connect the Dots (1×05)

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Ist es eine Überraschung, dass Rubicons Ratings fallen? Nein, ist es nicht. Das konnte man schon nach den ersten zwei Episoden vorhersagen. Nach wie vor kann ich nachvollziehen, warum etliche Zuschauer der Serie den Rücken kehren. Für mich jedoch ist es nach dieser Episode endgültig zu spät: Die Obsession, über die Rubicon erzählt, ist auch meine eigene geworden.

Dabei geht es nicht direkt um bestimmte Verschwörungstheorien, sondern um diese „an sich“. Die Serie thematisiert paranoid-obsessives Verhalten und führt uns gleichzeitig vor Augen, welchen Preis man bezahlt, wenn man jedem auf dieser Welt böse Absichten unterstellt. Die de-kodierte Botschaft der AMC-Produktion lautet: Je länger und genauer man hinschaut, desto mehr gibt es zu beobachten – und desto befremdlicher erscheint das Beobachtete.

Die Verschwörung kann überall sein und sich um alles drehen. Sie entspringt buchstäblich der Suche nach ihr, wie in der alten Geschichte, die ich schon einmal in einem Review erwähnt habe: Ein ansonsten völlig “normaler” Soldat hat den Tick, jeden Fetzen Papier, der ihm unter die Augen kommt, untersuchen zu müssen, was er mit einem „Das ist es nicht!“ begleitet. Schließlich schickt man ihn zu einem Psychiater, wo er ebenfalls alle Papierstücke bis hin zu denen im Papierkorb durchwühlt, immer sein „Das ist es nicht!“ wiederholend. Der Psychiater, überzeugt von der Dienstuntauglichkeit des Mannes, stellt ihm schließlich die Bescheinigung aus, die ihn vom Militärdienst befreit. Der Soldat wirft einen Blick auf das Papier und sagt: „Das ist es!“

Ist es nun die Obsession, die ich während meiner Rubicon-Rezeption erst entwickelt habe, die mich dazu bringt, genauer hinzuschauen – mit einem Blick, der nach Lobenswertem sucht? Die Serie betreibt ein faszinierendes Spiel auf mehreren Ebenen. Connect the Dots zeigt, wie Wills Nachforschungen die Menschen um ihn herum beeinflussen. Je genauer er hinsieht, desto mehr scheint er zu entdecken – und alle anderen zu überzeugen, dass es etwas zu entdecken gibt. Aus diesem Grund finde ich die Szenen mit Ed Bancroft (Roger Robinson) sehr gelungen.

Seine anfängliche Zurückhaltung ist zu einer Obsession geworden, die offenbar sogar Will schockiert. Nachdem Will (James Badge Dale) Donald Bloom ausfindig gemacht hat, realisiert er, wohin der Weg führen könnte – und hält Ed mit einer Lüge von weiteren Untersuchungen ab. Denn Donald Bloom (Michael Gaston) ist nicht nur Ex-CIA-Killer, der zusammen mit Wills Boss Kale Ingram (Arliss Howard) Geheimaufträge in Beirut ausgeführt hat, sondern diese Aufträge wurden mit Hilfe von… Kreuzworträtseln übermittelt.

Das führt uns zurück zu Katherines verstorbenem Mann Tom Rhumor und seinen Freunden. Rubicon beginnt, die lose hängenden Enden zu verbinden: Bei der Wohltätigkeitsveranstaltung von Truxtons Frau trifft Will auf James Wheeler und einen anderen unbekannten Mann – in Truxtons Gesellschaft. Außerdem begegnet Katherine (Miranda Richardson) endlich jemandem aus dem Hauptcast – nämlich Will.

Truxton (Michael Christofer), der uns letzte Woche als erfahrener Kämpfer in politischen Spielen und netter alter Mann gezeigt wurde, ist neben Will die treibende Kraft in dieser Episode und gleichzeitig der Knotenpunkt, wo alle Nebenplots zusammenzulaufen scheinen: Nicht nur weist er den Will beschattenden Mr. Roy an, sich jetzt auf Katherine zu konzentrieren, sondern auch Bloom scheint unter Truxtons Befehl zu handeln.

Aber warum ist Bloom eingetroffen? Ed und Wills Untersuchungen zeigen eine Verbindung zwischen seiner Anwesenheit in ölreichen Regionen im Nahen Osten und Auftragsmorden. Warum trägt Bloom immer einen Regenschirm? Man muss unausweichlich an den Fall “Georgi Markov” denken. Truxton vernichtet das so genannte „Houston white paper“, ein Dokument, das laut Ed Licht auf die Ereignisse werfen könnte.

Der Fall um Yuri Popovich und George Beck – Tanyas Auftritt in dieser Episode – ist entweder eng mit dem Hauptplot verbunden oder stellt eine Art MacGuffin dar. Kales Verbindung mit dem Ganzen bleibt noch unklar, aber er ist um Wills Sicherheit besorgt und scheint auch seinerseits heimlich nach Antworten zu suchen.

Sowohl auf der Zuschauerseite als auch innerhalb der fiktionalen Welt der Serie muss man ständig fragen: Bin ich es nur – oder ist da wirklich was? Ja, in Rubicon ist tatsächlich etwas. Zum Beispiel die immer noch herausragende audiovisuelle Umsetzung. Die Szene, in der Will Maggie über Kale ausfragt, ist faszinierend gefilmt (Min.18): Die Kamera wechselt zwischen extremen Close-Up-Aufnahmen von ihren Gesichtern und Long Shots. Erstere suggerieren Intimität, ja sexuelle Spannung, während letztere dieser Spannung etwas Bedrohliches hinzufügen. Durch das zusätzliche Einrahmen der Figuren und ihre Positionierung in der rechten Ecke des Bildes wird dem Zuschauerblick die Situation, in der sich die Figuren befinden, vor Augen geführt: buchstäblich in die Ecke gedrängt.

Aber obwohl Will Ed ausbremst, sehen wir ihn selbst am Ende auf dem Fußboden seiner Wohnung kauern: umgeben von Notizen versucht er die Verbindung herzustellen – „Connect the Dots“!

Mit dieser Episode zeigt uns Rubicon, dass es bei der Verschwörung nicht um irgendeinen Kampf um die Weltherrschaft geht, sondern eher um eine Gruppe älterer Männer, die mit Hilfe politischer Morde reich geworden sind – und reich bleiben wollen. Connect the Dots hält nach wie vor sehr gelungen die Balance zwischen der Verschwörungsstory und Wills Lernprozess.

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