Rubicon: You Never Can Win (1×13)

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Bevor ich mich dem Inhalt dieser Episode widme, möchte ich eine Sache klar stellen: Für mich war die zwölfte Episode Wayward Sons das tatsächliche Finale der ersten Rubicon-Staffel. You Never Can Win erscheint mir dagegen als Übergangsepisode, die mehr oder weniger schon zu einer zweiten Staffel gehört und, statt etwas abzuschließen, die Figuren auf dem Schachbrett für eine weitere Staffel neu positioniert. Aus diesem Grund würde es mich nicht wundern, wenn manche Zuschauer vom Finale enttäuscht sind.

Aber andererseits – was hätte man sonst von Rubicon erwarten können? Innerhalb ihres eigenen Kontexts verfährt die Serie nur zu logisch: Sie hält sich an ihre eigene Mythologie, sowohl was die Handlung als auch was die Figuren betrifft.

Sicher: es gibt Dinge in You Never Can Win, die ich persönlich als nicht recht zufrieden stellend empfinde. Mein größtes Problem: Andy.

Irgendwie nicht Rubicons Stil, derartig vorhersehbar zu handeln – oder? Aber eigentlich war es von Anfang an klar, dass Andy mit dem Hauptplot in Verbindung stehen muss. Trotzdem fällt es mir irgendwie schwer, sie als durch Tom Rhumor angeworbene Beschützerin für Katherine (Miranda Richardson) zu akzeptieren…

Als Katherine den Film “Meet Me in St. Louis” zu schauen anfängt, bricht er plötzlich ab. Es beginnt eine Videobotschaft von ihrem verstorbenen Ehemann, der sich für sein Tun entschuldigt, alles zugibt und Truxton (Michael Cristofer) die größte Schuld in die Schuhe schiebt. Zu unserer Überraschung ist noch jemand bei Tom: David Hadas, der dann seine eigene Botschaft an Will (James Badge Dale) übermittelt. In diesem Moment schaltet Katherine jedoch aus und verabredet ein Treffen mit Will am Bethesda-Brunnen im Central Park, um ihm die DVD zu zeigen.

In seiner Botschaft hat Tom Katherine eine Adresse genannt, die sie im Notfall aufsuchen soll. Dorthin geht sie für die Zeit bis zum Treffen – und wird von… Andy erwartet. „He was supposed to keep us separate“, murmelt Andy. „This is wrong.“

Dennoch machen sich beide Frauen auf den Weg – doch im Park wartet nicht nur Will auf Katherine, sondern auch Ray, Truxtons Mann für die dreckigen Jobs. Im Vorbeigehen injiziert er Katherine offenbar eine tödliche Dosis, denn kurze Zeit später bricht sie tot in Wills Armen zusammen, bevor sie ihm die DVD geben kann.

Andy steht abseits und unternimmt nichts; nach Katherines Tod verlässt sie sofort den Park, ohne mit Will Kontakt aufzunehmen. Was es mit Andy wirklich auf sich hat, wird uns erst die zweite Staffel verraten – oder wir werden es nie erfahren…

Kale Ingram (Arliss Howard) gelingt es zum wiederholten Mal, Will zusätzlich aus dem Gleichgewicht zu bringen – und zugleich Boden für die zweite Staffel zu bereiten. Er sagt zu Will: „Intelligence is largely a failure business. You need to make a strategic retreat. You can lose the battle without losing the war. It’s the backlash they’re interested in.“

Dann erfahren wir, was Truxton eigentlich plant und was die API-Versammlung am Anfang der Episode bedeutet: Spangler verkündet den Mitarbeitern, dass das API versagt habe und jetzt möglichst schnell den Verantwortlichen hinter der Attacke ausfindig machen müsse. Und wohin führen alle Analysen, die Wills Team seit der ersten Episode durchführt? Zum Iran. Genau das bezweckt Truxton: Seine Analytiker sollen grünes Licht geben für einen Gegenschlag seitens Amerika – und sein Unternehmen Atlas McDowell gewaltig von einem Krieg profitieren.

Also ist Truxton wieder einen Schachzug voran. Doch inzwischen jagt seine geniale Strategie selbst seinen vier alten Freunden Angst ein; sie wollen, dass Truxton die Operation stoppt. Reaktion: „No, I won’t. I can’t. That would be the wrong thing to do.“

Truxtons Treffen mit einem seiner alten Freunde ist visuell grandios umgesetzt und zeigt uns, warum Rubicon ein Genuss fürs Auge ist: Die beiden Männer sitzen in einem im warmes Licht getauchten Bürogebäude. Die Farben sind beige, braun, gelb und orange. Man vermeidet zu große Kontraste und kreiert stattdessen einen visuellen Fluss. Die beiden sitzen auf einer Bank, der einzigen Horizontalen im Bild. Die Treppen an den Seiten und die Säulen bieten nur Diagonalen und Vertikalen an, genauso wie im Vorspann der Serie. Dieses Bild unterstreicht Truxtons Einstellung, die er in der vorigen Episode äußerte: „Don’t mistake fluidity for chaos.“ Solche Linien sorgen gewöhnlich für visuelle Unruhe und Chaos – hier jedoch strahlen sie spannungsvolle Harmonie aus. Wie man über das Gesamtbild denkt und ob man es als Ganzes erblicken kann, ist eine Frage der Perspektive, des Blickwinkels. Will kann es nicht: Er möchte alles auf einen Endpunkt hinführen, wie den Punkt am Ende einer Linie im Vorspannbild. Aber die Linien verselbständigen sich, schreiben sich fließend weiter fort. Das ist es, was Will verrückt macht: Er sieht kein Motiv, kein Endziel.

Das aber entspricht durchaus den Tatsachen: Truxton nämlich braucht kein Motiv, er hat kein Endziel. Er spielt das Spiel deswegen, weil er es einfach sehr gut kann – es scheint für ihn zum Selbstzweck geworden zu sein. Vor versammelter API-Mannschaft spricht er über deren „failure to stay ahead of the narrative“. Truxton ist kein Leser wie Will. Er liest keine Spuren, er hinterlässt welche: er schreibt. Denken wir an den Vorwurf seines Freundes: „You don’t listen to other people, Truxton. You never have.“

Truxton spricht, als Erster. Was Andere dann dazu sagen, interessiert ihn nicht: er ist schon weiter. Nur so kann Truxton „ahead of the narrative“ bleiben: wenn er selbst erzählt. Das Spiel kann nicht gestoppt werden, obwohl Will stichhaltige Beweise hat und die letzten Verbindungen herstellen kann.

Im Zuge der Iran-Ermittlungen vollführt Truxton Spangler einen weiteren Schachzug und befördert Grant zum Teamleader: den Mann, der ihm grünes Licht gegen Iran geben wird.Tanya erträgt das Ganze nicht mehr und kündigt ihren Job. Will wiederum beginnt, Truxtons Verhalten gleichsam spiegelnd, Miles in die Verschwörung einzubeziehen, um sich Unterstützung zu holen.

All diese Ereignisse sind meiner Meinung nach Vorbereitungen für die zweite Staffel. Und wo ist Ed Bancroft abgeblieben? Würde auch er in einer zweiten Staffel wieder auftauchen? Wird Truxton wieder auftauchen? Wir sehen seine vier Freunde abstimmen – vermutlich über sein Schicksal, denn etwas später bekommt er einen Strauß weißer Lilien (Trauerblumen) und einen kleinen Umschlag mit… dem Kleeblatt. Am Ende treffen sich Truxton und Will auf dem Dach; Will konfrontiert Truxton mit der Wahrheit. Im Grunde gibt Spangler alles zu, aber eine Frage beantwortet er nicht: Warum? Was ist sein Motiv? Wir haben es oben schon angesprochen: Das ist der Punkt, den Will nicht erreicht, wo er nicht ankommt. Das ist der Punkt, der Wills Sicht auf das Bild stört, so dass er es nicht als Ganzes fassen kann. Truxton gibt keine Antwort – kann es nicht, denn sie würde lauten: Wähl dir ein Motiv, das in dein Bild passt!

Das Spiel hat sich verselbstständigt. Man spielt weiter, weil man es kann. Reich deinen Bericht über meine Machenschaften gern ein, sagt Truxton zu Will, es wird sich niemand darum scheren! Er geht – und hinterlässt auf der Brüstung das Kleeblatt.

Ein starkes Bild zum Abschluss, das alles, was Rubicon ist, in sich einzusaugen scheint. Truxtons Schicksal? Ich glaube nicht, dass er Selbstmord begeht. Aus einem einfachen und logischen Grund: Er hat ja nicht versagt! Er sieht keinen Grund dafür, von der Bühne zu gehen: „That would be the wrong thing to do.“

Leider ging Rubicon nach dieser ersten Staffel von der Bühne…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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