Die neue „Terriers“-Episode ist leise, still, nachdenklich und multipersonal. Sie erzählt vom Vermissen. Man vermisst etwas, weil man sich daran erinnert, dass etwas fehlt. Manchmal, wie im Fall der Woche mit dem jungen Adam (Noel Fisher), weiß man nicht, was man vermisst, hat aber das Gefühl, dass etwas fehlt. Etwas, das man manchmal wieder haben will – aber manchmal auch nicht.
Die beiden Handlungsstränge um Steph (Karina Logue) und Adam demonstrieren das sehr gut. Britt kleidet die Problematik in Worte: Es geht um „the shit you know“ und „the shit you remember“. Katie steckt in der schlimmsten Lage von allen, denn sie weiß, was sie getan hat und erinnert sich daran, obwohl sie die Erinnerung gern für immer auslöschen würde.
Britt merkt, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Das jagt ihm Angst ein, die ihn wiederum dazu bringt, ein klares Wort mit Hank zu sprechen. „I am not a sidekick, dude!“ Er regt sich auf, weil sie schon wieder einen Fall angenommen haben, ohne dass Bezahlung in Aussicht stünde – und weil sich Hank nicht um Britts Meinung schert, Partner hin oder her.
Adam vermisst sein Selbst. Er weiß nicht mehr, wer er ist und wie seine Verbindung zur Welt aussieht. Was, wenn die Verbindung eine Illusion ist – oder wenn die Erinnerung daran, wer man wirklich ist, mit der Erkenntnis der eigenen Schuld kommt? Es erweist sich, dass Anti-Malaria-Pillen Adams Zustand verursacht haben: Das Medikament führt bei manchen Menschen zu Desorientierung oder zum Auftauchen einer erschreckenden Seite, die die betroffene Person in sich trägt und unterdrückt hat.
In seinem desorientierten, halluzinatorischen Zustand hat Adam eine Freundin, Jessica Sampson, verprügelt und in seiner Wohnung gefesselt. Die Erfahrung, etwas so Schreckliches getan zu haben, führte zu Amnesie.
An die Information, wer Adam ist und was die Pillen bewirken, kommen Hank und Britt nicht nur durch die drei Nerds (aus der zweiten Episode), sondern durch einen weiteren Freund von Hank: einen Ex-Doktor, der jetzt als Eisverkäufer arbeitet. Die „Terriers“-Welt zeigt uns eine weitere Person, die eine Erinnerung darstellt:
Hank ist nicht mehr Polizist, Britt nicht mehr Einbrecher, der Eisverkäufer nicht mehr ArztÖ Aber ihr vergangenes Sein bleibt Teil von ihnen, lebt weiter in ihnen und ist für ihr Tun verantwortlich. Dasselbe gilt für Adam: und das jagt ihm solche Angst ein. Wenn ein Teil von ihm gewalttätig ist – wie kann er ihn auslöschen, sich davon befreien, vergessen?Ethics in euthanasia: das sei das Thema ihrer letzten Vorlesung gewesen, teilt Katie Britt distanziert mit, nachdem sie Sex gehabt haben und er mit seiner Frage nach ihrem Alltag unbewusst ihre Schuldgefühle verstärkt. Ihr Studium ist fest mit der Erinnerung an das verknüpft, was sie getan hat. In diesem Moment wünscht sie sich zu vergessen.
Auch Adam will vergessen, ja die Möglichkeit der Erinnerung komplett auslöschen. Er hält ein weiteres Mädchen gefangen, damit die Polizei ihn erschießt, so dass der “böse” Adam nie wieder auftauchen kann. Hank jedoch verzichtet auf Euthanasie und stoppt Adam.
„Terriers“ Erklärung zu Amnesie-Patienten: „That’s the problem with amnesiacs, they don’t get the movie referencesÖ“ „Missing Persons“ bildet ein wunderschönes Exempel für tragikomische Erzählung, nicht nur durch Adams Story, sondern durch ihre Parallelen in der Bruder-Schwester-Beziehung zwischen Hank und Steph. Donald und Karina Logue, Bruder und Schwester auch im wirklichen Leben, liefern großartige Szenen ab in dieser Episode. Auch vom Erinnern erzählt ihre Geschichte; ihre herzerwärmende Beziehung beruht auf Kindheitserinnerungen.
Diese sind das einzig Wirkliche, Reale für Steph: ihr sicheres Versteck vor der Illusion, zu der die Welt um sie herum werden kann. Steph erleidet einen Rückfall. Sie beginnt zu halluzinieren, Dinge zu sehen und zu erleben, die nicht da sind. Vielleicht ist sie in ihren Erinnerungen besser aufgehoben? Wir sehen sie mit einem Kinderfoto von Hank und ihr selbst auf dem Bett liegen.
Am Ende der Episode bringt Hank sie auf ihren Wunsch hin in ein Heim – und muss sie schweren Herzens dort lassen. Werden wir Steph wiedersehen? Ich hoffe es. Wenn nicht, bleiben uns – wie Hank – schöne Erinnerungen.