Breaking Bad: Half Measures (3×12)

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Breaking Bad hat die „schlechte“ Angewohnheit, den Zuschauern verspielte Teaser dann anzubieten, wenn in den darauf folgenden vierzig Minuten etwas Ungeheuerliches passieren wird. Half Measures’ Teaser zeigt uns das Crossroads Motel und den Alltag der Prostituierten Wendy. Die Musik dazu ist The Assosiations Hit Windy aus dem Jahre 1967. Wieder einmal beweist die Breaking Bad-Crew ihr Feingefühl für Details. Als es im Song „Bending down to give me a rainbow“ heißt, sieht man Wendy wiederholt „runtertauchen“, um die Bedürfnisse ihres Kunden zu befriedigen. Nur jedes Mal in unterschiedlichen Autos mit unterschiedlichen Männern. Auf einem Schild vor dem Motel steht: „Welcome friendly service!“

Mit den sexuellen Praktiken wird auch die Verbindung zur einzigen anderen humorvollen Szene in dieser sonst sehr dunklen Episode hergestellt: Mari legt bei Hank im Krankenhaus Hand an, um ihm zu beweisen, dass er durchaus „stehen“ kann. Sie gewinnt die Wette und Hank ist gezwungen, mit nach Hause zu kommen. Walt (Bryan Cranston) kann auch nach Hause, aber nur an bestimmten Tagen und für einen bestimmten Zeitraum. Das handelt er mit Skyler (Anna Gunn) als Gegenleistung für ihren neuen „Job“ aus.

Man kann die bisherige Entwicklung der Serie als eine Kette von vorläufigen Maßnahmen sehen, die Walt immer wieder traf, um der Endgültigkeit aus dem Weg zu gehen. Denn er hatte die Endgültigkeit als Entschuldigung. Hiermit präsentierte uns Breaking Bad einen möbiusbandartigen Zustand: Im Angesichts der Endgültigkeit seiner Krebsdiagnose handelte er mit vorläufigen Schritten, um genau dieser Endgültigkeit gerecht zu werden. Heisenberg war nur vorläufig. Nur vorläufiges Mittel zum Zweck. Aus diesem Grund sieht sich Walt nicht als Kriminellen, als Mörder. Denn alles, was er tat, diente dem Endzweck, war also vorläufig. Diese Vorläufigkeit machte die „Half Measures“ vertretbar.

„No More Half Measures!“ Das ist der Leitsatz auf dem Weg zum Finale. Denn Walt ist ein Krimineller und ein Mörder. Ausgerechnet Mike (The Cleaner) verpasst Walter in einem großartigen Monolog – Breaking Bad kümmert sich darum, dass jede Figur auf ihre Kosten kommt – den entscheidenden Stoß. Das dauernde Abwägen zwischen Schritten, die man machen muss, und das Hinausschieben von Entscheidungen führen zu halben Sachen. Walt will Jesse (Aaron Paul) daran hindern, Combo zu rächen und kontaktiert Gus. In diesem Moment tut er das, was fürs Geschäft getan werden muss. Wir erleben auch Gus von einer anderen Seite. Und zwar von der Seite, die uns klar macht, wie er sein Drogenimperium regiert. Gnadenlos! Aber interessanterweise ist er hier derjenige, der „Half Measures“ trifft.

Er versucht – Walter-Style – einen Kompromiss zu machen und dieser Kompromiss führt zu einer Eskalation. Man fragt sich dabei: Handelten die Dealer aus eigenem Antrieb und ermordeten Tomas, oder war Gus’ Kompromissbereitschaft nur für Walt vorgespielt? Man bekommt den Eindruck, dass sie sogar auf Jesses Amoklauf warten. „No more apples and oranges.“ Genau wie Wendy, die alles für ihren Sohn tun würde, entscheidet sich Walt, alles für Jesse zu tun. Ihn zu retten, indem er die beiden Dealer in einer schockierenden Szene überfährt. Zum ersten Mal riskiert Walt alles. Seine Passivität zu genau demselben Zeitpunkt in der letzten Staffel, als er Jane sterben ließ, ist jetzt verschwunden. Er agiert. Und mit einem Kopfschuss beendet er das Leben des Dealers. Seine Worte zu Jesse: „Run!“ An diesem Punkt hat Walt seine Entwicklung beendet: „A criminal and a murderer!“

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