Breaking Bad: Mas (3×05)

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„You think I have some overweening pride that clouds my judgment?“ Diese Frage stellt Walter (Bryan Cranston) Gustavo Fring, als er die Sache mit der Hälfte von Jesses Geld aufklären möchte. Und wie viele Fragen, die in Breaking Bad gestellt werden, trägt auch diese ihre Antwort bereits in sich. Das heißt nicht, dass Breaking Bad vorhersehbar wäre. Natürlich gingen wir davon aus, dass Walt früher oder später wieder kochen würde, aber die Genialität der Serie liegt darin, die schlechten Entscheidungen der Figuren nachvollziehbar zu gestalten – bzw. ihnen einfach keine andere Wahl zu lassen.

Obwohl: es bliebe immer die Wahl, sich selbst zu belügen: „No. I simply respect the chemistry. Chemistry must be respected“, führt weiter Walt fort. Das an sich ist keine Lüge: er respektiert tatsächlich die Chemie; aber sein Stolz speist sich unter anderem genau aus diesem Respekt, den Gus geschickt an die Oberfläche befördert und die Oberhand gewinnen lässt. Gus bietet Walt das perfekte Labor, die perfekten Arbeitsbedingungen, unter welchen Walt der Chemie Respekt zollen kann… und die zugleich ihm als Chemiker Respekt zollen.

Als weiteres As zieht Gus das Argument aus dem Ärmel, dass Walt schließlich als Mann und Vater Verantwortung trägt. Was er damit erreicht, ist nicht so sehr, Walt eine Entschuldigung zu liefern, sondern er lässt die Tatsache, dass Sky Walt mit Ted betrügt, für den Moment nichtig erscheinen. Damit hilft er ihm, darüber hinweg zu kommen, zu seiner Identität als unabhängiger Heisenberg zurück zu finden, der die Zügel wieder in der Hand hat, entscheiden kann und respektiert wird.

Für Walt ist das letzte Wort in dieser wie eine Verkettung von Gesprächen aufgebauten Episode Mas. Jesse hingegen bootet er mit einem „No Mas“ aus dem Geschäft aus und schiebt ihn so zurück zu einem Ausgangspunkt: der Tatsache, dass Jesse nicht wirklich ein „bad guy“ ist, obwohl er das glauben möchte. Die Problematik für Jesse (Aaron Paul) besteht darin, sein „Mehr“ zu finden – während Sky (Anna Gunn) mit Überraschung und vielleicht sogar Entsetzen feststellen muss, dass das „Mehr“, das sie von der Beziehung mit Ted bekommt, die Fußbodenheizung im Bad ist. Zu einem solchen „Mehr“ käme man freilich auch mit einer großen Tasche voller Meth-Geld, die in Walts Zimmer im gemeinsamen Zuhause liegt.

Habe ich „gemeinsames“ Zuhause gesagt? Muss an der brillanten, wortlosen Art und Weise liegen, uns Skys Konflikt und Entscheidung vor Augen zu führen. Zweimal in dieser Episode wird von ihren nackten Füßen auf Teds erwärmtem Fußboden auf ihre Hände geschnitten, die zu Hause den Tisch decken. Während sie das erste Mal zögert, den Teller für Walt hinzustellen, tut sie es das zweite Mal ganz automatisch – nachdem sie in der Badeinstellung ein Tuch unter die Füße gelegt hatte, um so der angenehmen Wärme zu widerstehen. Awesome! Umso beindruckender die Szene, in der Sky – in Gedanken dabei, das Beste aus dem Zusammenleben zu machen – Walts Zimmer betritt und es leer vorfindet: bis auf die unterschriebenen Scheidungspapiere!

Walt hat es wieder geschafft, die ganze Welt zu verdrehen, die jedoch unausweichlich mit aller Wucht auf ihn niederprasseln wird. Das metaphorische Versprechen, das Breaking Bad macht, sehen wir in der Szene, als Jesse in seiner Wut Walts Windschutzscheibe zerschmettert und damit deren Sprung nach dem Flugzugunglück wieder-holt. Schlechte Entscheidungen haben schlechte Konsequenzen. Ein „Nicht Mehr“ kann das gewünschte „Mehr“ verschwinden lassen.

So sieht etwa Hank sein „Mehr“ schwinden – dadurch, dass er nicht nach El Paso geht, sondern sein Partner. Aus diesem Grund ist es kein wirklicher Sieg, wenn er endlich die Verbindung zwischen dem Wohnwagen und Jesse herstellt. Im Teaser sehen wir in einer Rückblende, wie genau Jesse mit Combos Hilfe zu dem Wagen kam. Was nicht nur Hanks späteren Fund erklärt, sondern uns an die „schönen“ Zeiten der Zusammenarbeit von Jesse und Walt erinnert… und uns so dessen bewusst werden, wie viel dunkler Breaking Bad seitdem geworden ist!

Nicht vielen Serien gelingt ein Spagat zwischen Unerträglichkeit für die und Abhängigkeit der Zuschauer, der in pures Vergnügen einmündet. Breaking Bad wird zu seinem eigenen Thema: die Serie ist wie eine Droge. Durch die Dunkelheit, in der sie ihre Figuren tappen lässt, zerstört sie uns beim Zuschauen von innen und versetzt uns zugleich in einen ekstatischen Zustand. Ein Mehr-Genießen! Mas!!!

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