Wissen, wann man reden und wann man den Mund halten soll. Oder besser gesagt: wann Lärm machen und wann nicht. Denn Verbrechen zahlen sich in Harlan dann aus, wenn man nicht viel Aufmerksamkeit erregt, wenn man leise arbeitet. Eigentlich genauso wie Limehouse, der diese Lektion am Ende der letzten Episode seinem viel zu eifrigen Mitarbeiter erteilen musste. Aber Boyd (Walton Goggins) scheint derjenige zu sein, der die Botschaft gehört hat.
Zwar nicht direkt, aber dafür deutlich: Keine Aufmerksamkeit erregen, sondern zuhören und weiter graben, bis man die Schwachstelle, i. e. das Gold, gefunden hat. Für Quarles liegt das Gold an der Oberfläche, auf der Hand, vor der Nase, auf dem Präsentierteller oder in welcher sprachlichen Variante auch immer man es fassen will. Nun, nicht alles, was glänzt, ist Gold – vor allem dann nicht, wenn es zum Greifen nahe scheint. Harlans Wurzeln liegen tief in der Erde – oder, um es makabrer auszudrücken, unter der Erde. Graben in jedem erdenklichen Sinne tun die Menschen hier seit jeher, und es hält sie am Leben.
Raylan und Boyd haben zusammen in den Minen gearbeitet, dort waren sie beste Freunde – ihre Beziehung wurzelt also tiefer, als Quarles denkt. Er begehe weiterhin Fehler, sagt ihm Raylan, als Quarles ihm in seiner neuen Unterkunft einen Besuch mit einem Geldangebot abstattet. Eigentlich sind die Züge, die die Spieler machen – abgesehen von denjenigen Limehouses – Versuche, einander die Fußmatte unter den Füßen wegzuziehen…
Quarles verabschiedet sich von Raylan (Timothy Olyphant) mit der Drohung, er wisse jetzt, wo Raylan wohne. Dann bezahlt er den Sheriff, um Boyds Bar unter die Lupe zu nehmen und letztendlich zu schließen, während Raylan im Gesetzbuch eine Möglichkeit auftut, um seinerseits Quarles’ Quartier zu beschlagnahmen. Der Unterschied liegt darin, dass Quarles nirgendwo zu Hause ist, wie wir erfahren: Aus Detroit wurde er weggeschickt; von Sammy Tonin, Quarles’ Chef und Sohn von Detroits Mafia-Paten, erfährt Raylan, dass man Quarles dort eigentlich ebenso loswerden will, wie Raylan ihn loswerden will.
Sammy (Max Perlich) wurde, obwohl er von praktisch nichts eine Ahnung hat, nach Harlan geschickt, um Quarles’ Tun zu begutachten – und zu entscheiden, ob man ihm eine Finanzspritze genehmigt. Das FBI wiederum verfolgt die Tonin-Familie auf Schritt und Tritt und kommt den Marshals, sprich Raylan, in die Quere, was unangenehme Konsequenzen hat. Nach wie vor schaffen es weder Quarles noch Raylan, ihre “Mitarbeiter” mit Leib und Seele auf die eigene Seite zu ziehen. Stattdessen nutzen sie sie schlichtweg aus, so wie Raylan Tim ausnutzt.
Sowohl Raylan als auch Quarles werden von ihren eigenen Gefühlen, ihrer Wut und ihren Obsessionen geblendet, was sie zu übereifrigem Handeln provoziert. Umgangssprachlich könnte man es so ausdrücken: Sie machen den Lauten. Apropos Lauten: „The Power Of You: Turning Your Personality Into Profit!“ Das ist die neue, laute Devise von keinem Geringeren als Gary Hawkins, Winonas Ex-Mann, den Quarles und Duffy (Happy-Augenbrauen! endlich!!) besuchen – vermutlich, um ihn gegen Raylan und Winona ins Spiel zu bringen.
Währenddessen trifft sich Boyd mit einem alten Freund aus Minen-Zeiten, Shelby (Willkommen, Jim Beaver!), den er für die Sheriff-Wahl ins Rennen schicken will. So leitet er den Gegenzug ein, denn was auch Sammy kapiert hat, weiß Boyd schon lange:
„Twice the horses is twice the horseshit.“