Protect yourself and your family, sagt Chris’ (Ashley Walters) Vater zu seinem Sohn, als der ihn im Gefängnis mit einer grausamen Nachricht besucht. Mit dieser Aussage beschäftigt sich diese dritte und bisher wohl beste Inside Men-Episode, formuliert sie aber als Frage: Soll man sich zunächst um sich selbst kümmern oder um die Familie? Um beides? Gibt es eine Reihenfolge? Kann man das Kümmern um sich selbst als Kümmern um die Familie „verkaufen“?
Bei so einer Fragestellung kann man erst aus der Nähe riechen, dass etwas faul ist. Es bedarf der Nähe, um ein faules Spiel festzustellen, um sich Gedanken zu machen. So wie Johns Frau Kirsty (Nicole Walker), als sie am Anfang der Episode unterschiedliche Deo- und Parfümflaschen gesammelt hat, um den aufdringlichen Geruch ihres Geiselnehmers auf eine Marke festlegen und sie der Polizei mitteilen zu können. Als Gina sie besucht – angeblich um sich zu vergewissern, wie es ihr geht -, riecht Kirsty plötzlich den Braten. Buchstäblich. Nicht nur Ginas Parfüm, sondern auch ihre kurze Unterredung mit John draußen, kombiniert mit Johns leicht angespannter Haltung, geben ihr deutliche Hinweise darauf, wer die Inside Men und Women sein könnten. Diese Woche beginnen die Masken zu fallen.
Die Perspektive wechselt weiterhin zwischen Gegenwart und Vergangenheit, aber der Fokus liegt auf Chris. Wir hatten uns schon gefragt, was bei dem Überfall eigentlich so schief ging, dass Chris – der frischgebackene Vater – ein Bein verlor. In der Mitte zwischen Marcus‘ Leicht- und Schwachsinn und Johns neu entdecktem Sinn für Alpha-Männchen schien Chris den moralischen Kompass des Trios zu verkörpern. Aber die BBC-Serie weiß auch an diesem Punkt unser Empfinden für die Figur zu verkomplizieren. Wir erleben einen Chris, der tatenlos zusieht, als seine Mutter an ihrem Erbrochenen erstickt. Nach ihrem Tod kann Chris sein neues Leben mit Dita erst richtig beginnen, ohne jegliche Bürden. Im Haus seiner Mutter, wohlgemerkt! Somit kehren wir zu der Frage zurück, die ich am Anfang erwähnt habe: Chris sorgt für sich und seine Familie, indem er nicht für sie sorgt.
Denn zwar war seine Mutter Alkoholikerin, aber trotzdem Chris’ eigenes Fleisch und Blut! Im Handumdrehen trifft er auch die nächste Entscheidung, nämlich seinen Komplizen den Rücken zu kehren. Er will raus aus der Geschichte und ein normales Leben führen. Ist das möglich – auf einer solchen Grundlage? Einmal Inside Man, für immer Inside Man: so droht ihm John (Steven MacKintosh). Marcus (Warren Brown) wiederum unternimmt mit Gina eine Shopping-Tour für Masken. Aber manches lässt sich nicht verstecken und verneinen. Man sieht, wie sowohl Chris als auch John eine Art Befreiung genießen, wie sie die Freiheit buchstäblich anfassen und riechen können. Aber wird diese Freiheit sie ausgerechnet ihre Familien kosten? Sowohl John als auch Chris machen sich vor, im Sinne eines besseren Lebens zu handeln, im Interesse des Familienglücks. Aber der faule Geruch daran lässt sich nicht maskieren…