New Amsterdam: Review der Pilotenepisode (1×01)

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Bereits vor dem Serienstart beim amerikanischen Sender FOX hat die neue Serie „New Amsterdam“ eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Zunächst für eine frühe Ausstrahlung in der Season vorgesehen, wurde der Sendetermin dann doch ‘unbestimmt’ nach hinten geschoben. Nun ist er auf den 22 Februar 2008 festgelegt.

Eine alte Geschichte, uralt. Wie die meisten Geschichten, die uns Serien und Filme erzählen. Denn ganz streng genommen kann man nichts Neues erzählen – alles hat es schon gegeben. Geschichten über Liebe, Hass, Leben und Tod. Die Frage ist, wie man eine Geschichte erzählt und wann.

Aber gehen wir zu „The opening Step“ über, wie Detective Amsterdam in seiner ersten Szene sagt, der Szene einer Verführung, in der er mit seiner Freundin Tango tanzt. Der erste Schritt ist gewissermaßen der wichtigste in einer Serie. Das Versprechen, das man dem Publikum gibt, muss gleichzeitig auch den inneren Kern der Serie verraten.

Eine Verführungsszene? In einem Krimi? Ist „New Amsterdam“ einfach ein Krimi mit ungewöhnlichen Verfolgungsjagden (ein Verdächtiger flüchtet vom Tatort auf dem Fahrrad und Amsterdam verfolgt ihn auf einem Pferd)? Eine Krimi-Komödie vielleicht? Eine melancholische Romanze? Oder „Highlander“ fürs TV? Eine Zeitreise durch Amerikas politische und kulturelle Geschichte? Die Produzenten sind im Piloten bemüht, möglichst viel zu versprechen – nur: wie hält man so viele Versprechen? Viel zu viele Fragen!Im Verlauf des Piloten versteht man, dass es gar nicht so leicht sein wird, diese Serie zu „identifizieren“. Ein Voice-over (dieses narrative Verfahren ist inzwischen wie ein Phönix aus der Asche auferstanden und wird in Dramaserien immer häufiger benutzt) – die Stimme von Amsterdam – erzählt die Geschichte der Geschichte.

Der New Yorker Detective Amsterdam ist ein Unsterblicher. Vor Jahrhunderten wollte er bei der Kolonisierung Amerikas einen Massenmord an Indianern verhindern und wurde dabei getötet. Von den Einheimischen aus Dankbarkeit wieder ins Leben zurückgeholt, wird er nie altern und immer weiter leben, bis er seine große Liebe und damit Ruhe findet – „The One“. Ein gegenteiliges Konzept zu dem, das wir aus Filmen wie „The Matrix“ kennen: Man sucht den einen nicht, um alle zu retten, sondern um für sich selbst die Rettung zu finden – in der Liebe.Die Bilder sind ruhig, getaucht in weiche, warme Farben – Braun, Sepia und ausgeblichenes Schwarz dominieren die Palette. Und der Hauptdarsteller überzeugt und vermittelt ein Gefühl der Erfahrung von Zeitlosigkeit, die oft zu gelungenen Humoreinlagen führt, wie das Treffen der anonymen Alkoholiker, bei dem Amsterdam sich in der Runde vorstellt und sagt, er sei ein Alkoholiker, aber seit 1965 trocken.

Und mit dem Blick zurück zum Vorspann sehen wir, dass die Serie den ersten Schritt richtig gemacht hat, denn die Liebe wird der rote Faden und gleichzeitig die Lösung des Falls „New Amsterdam“ sein.Dieses komplexe und im Piloten gelungene Versprechen wird wohl anfängliche Begeisterung beim FOX-Network verursacht haben. Solide umgesetzt, mit überzeugenden Darstellern (in den Hauptrollen spielen Nikolaj Coster-Waldau [John Amsterdam], Zuleikha Robinson [Eva Marquez], Alexie Gilmore, Malachi Weir, Daniel Raymont, Tamara Podemski).

Wie Serienjunkies schon berichtete, sind Autoren und Produzenten der Serie Christian Taylor („Six Feet Under“, „Lost“) und Allan Loeb („24“). Ebenfalls mit an Bord als Executive Producer ist Steven Pearl („Untraceable“, 2008). Produziert wird die Serie von Regency Television in Zusammenarbeit mit Scarlet Fire Films im Auftrag von FOX. Bei der Pilotfolge der Serie führte Lasse Hallström („Chocolat“, „The Cider House Rules“, „What’s Eating Gilbert Grape“) Regie.

Zuerst wurde von FOX eine ganze Staffel bestellt, doch nachher wurde der Auftrag auf nur sieben Folgen gekürzt, und es lagen sogar schon Gerüchte über ein vorzeitiges Aus in der Luft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine weiteren Folgen zur Verfügung, um eventuellen Problemen auf den Grund zu gehen. Konnte sich die Serie nicht entscheiden, wie sie ihre Geschichte erzählen soll? Oder liegt der Haken darin, dass sich die Serie an das Gesamtpublikum richtet und nicht unbedingt die 18-49-Zielgruppe anspricht, was FOX nicht ins Konzept passt? Oder hat der Zweifel an der Serie gar nichts mit dem Produkt an sich zu tun; sondern mit der Aufregung über ein mögliches Plagiat? Vielen Zuschauern und Lesern zufolge, wurde die Geschichte direkt von Peter Hamills Buch „Forever“ aus dem Jahre 2003 „geklaut“. FOX und die New Amsterdam-Autoren dementieren. Aber erstaunliche Ähnlichkeiten gibt es trotzdem: Im Buch geht es um einen Irländer (O’Connor), der einem afroamerikanischen Sklaven hilft und dabei fast stirbt. Das Geschenk, das er bekommt, heißt Unsterblichkeit. Preis dafür ist, dass er New York nie verlassen kann, und er wird sich von der Unsterblichkeit nur dann befreien, wenn er die Eine trifft.

O’Connor und Amsterdam haben auch andere Gemeinsamkeiten – Narben am Körper von den tödlichen Wunden, sie spielen Klavier, interessieren sich für Jazz, sind als Künstler tätig, verführen die New Yorker Frauen. Hamill, der Bestsellerautor, betont in Interviews, dass er keine rechtlichen Schritte vornehmen möchte, da so ein Prozess mehr Kosten als Nutzen bringen würde und ewig dauert. Trotzdem sei er erstaunt über die Ähnlichkeiten.

1990 hatte der Schriftsteller Art Buchwald das Paramount Studio wegen des Skripts zum Filmhit von Eddie Murphy „Coming to America“ verklagt. Nach vier Jahren gewann Buchwald und ihm wurden letztendlich nur 150 000 Dollar zugesprochen. Trotz zahlreicher Aussagen in der Presse läuft vielleicht doch etwas hinter den Kulissen – Immer wieder dieselben alten Geschichten.

„New Amsterdam“ wird wahrscheinlich nicht unsterblich. Trotzdem: wer etwas zu erzählen hat, soll erzählen.

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