Was ist, wenn man nach Hause will und nicht kann? Wenn nicht einmal das Herz mehr weiß, wo das Zuhause ist?
„Don’t let your family slip away“: diese Worte von Gemmas Vater Nate (Hal Holbrook) betreffen jeden in dieser sehr emotionalen Episode. Sie zeigt, dass es in der neuen Sons of Anarchy-Staffel nicht um einen großen Gegner geht, sondern um den Kampf gegen sich selbst und gegen die Zeit. Homes Dynamik ergibt sich aus dem Ungleichgewicht zwischen der “Handlungszeit”, die den Figuren davonläuft, und der Erzählzeit, die sich dehnt und Details verfolgt.
Wir sehen, wie Clay (Ron Perlman) auf dem Weg zu Gemma anhalten muss, damit ihm Jax (Charlie Hunnam) die Hände an den Lenker bindet: Wegen seiner fortschreitenden Arthritis kann er die Griffe nicht mehr festhalten. Auch ihm läuft die Zeit davon. Genau diese stille Szene drückt das Problem aus, um das die dritte Staffel kreist: Jede Problemlösung der Sons bleibt vorläufig, und so wird das Problem mit der Zeit immer schlimmer.
Während in der zweiten Staffel Gemma (Katey Sagal) diejenige war, die vor ihrer Familie ein Geheimnis (die Vergewaltigung) bewahrte, sind es jetzt alle anderen, die ein Geheimnis haben (Abels Entführung). Nur eine Frage der Zeit, bis die Wahrheit ans Licht kommt…
Home ist eine weitere Gemma-Episode: nicht nur bekommt sie herzzerreißende Szenen mit Nate, als er ins Heim gebracht werden muss, sondern erfährt am Ende von der Entführung. Ausgerechnet Maureen (Paula Malcolmson) ruft Gemma an und sagt ihr, Abel sei in Belfast. Wir erfahren letztendlich von Father Ashbys Plan: Seiner Meinung nach ist Jimmy (Titus Welliver) ein profitgieriger Gangster geworden, der sich von den Zielen der Organisation entfernt hat. Ashby möchte der direkten Konfrontation aus dem Weg gehen und Abel benutzen, um die Sons nach Belfast zu locken, damit sie sich um Jimmy kümmern.
Abel nach Hause bringen, zu seiner Familie – das treibt alle Ereignisse voran. Aber was, wenn die Familie in sich auseinander fällt? Wir erfahren, dass Gemma damals ihre eigene, biologische Familie zurückgelassen hat, um eine neue mit den Sons zu gründen. Als aber die Familie ihrer Wahl vor immer größeren Problemen steckt, findet sie wieder Zuflucht in ihrem ursprünglichen Zuhause, ihren Erinnerungen.
Katey Sagal spielt wunderschön die Zerrissenheit zwischen beiden Familien, zwischen den Entscheidungen, die sie getroffen hat – und die ihr dann das Herz brechen, buchstäblich: Als Gemma nach Charming zurückkehrt – zu Abel, ihrem letzten Halt – erfährt sie, dass auch er fort ist. In der letzten Szene bricht Gemma vor dem Clubhaus zusammen – ihr Herz erträgt es nicht mehr.