Sons of Anarchy: Family Recipe (4×08)

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Die Sons sehen sich plötzlich verwickelt in den Krieg Anderer, ohne sich befreien zu können. Währenddessen naht die Entscheidung über die internen Probleme des Clubs. Oder doch nicht?

Family Recipe ist eine Episode mit etlichen guten Szenen, die aber insgesamt in einen Rückschritt münden – oder eher in eine Art Hinauszögern, ein Retardieren. Mit einem solchen Hinauszögern beginnt denn auch die Episode: Wie wir vermuteten, hat Juice den Selbstmordversuch überlebt. Nicht dass ich Juice tot sehen wollte (obwohl ich glaube, dass er die Staffel nicht überleben wird): Theo Rossi hat in den letzten zwei Episoden hervorragende Leistungen abgeliefert!

Nein, das Problem liegt in der in meinen Augen erzwungenen Handlung um ihn herum. Und diesbezüglich hätte ein gelungener Selbstmord als starkes dramatisches Moment den faden Beigeschmack weggespült, in dem der pure Zerfall des Clubs noch deutlicher wird. So aber bleibt der fade Beigeschmack bestehen, obwohl Kurt Sutter Juice vermutlich noch braucht – als Verbindung zu Lincolns Handlungsstrang. Bestimmte Rädchen müssen da sein, um in andere zu greifen, damit die Maschinerie in Bewegung bleibt. Ich bin gespannt, ob und wie sich alles am Ende der Staffel auszahlen wird.

Zurück zum Hinauszögern: Prinzipiell gibt es an solchen Kunstgriffen nichts auszusetzen, wenn – wie es bei Sons of Anarchy meist der Fall ist – ihr Timing stimmt bzw. die Atmosphäre sie erlaubt. Hier nun haben Handlungsverlauf und Spannungsakkumulation in den letzten Episoden bereits das Empfinden verursacht, es sei an der Zeit, den internen Konflikt zuzuspitzen – beispielsweise indem andere Figuren in Taras und Pineys Geheimnis eingeweiht würden. Natürlich bedeutet es stets einen gewaltigen Schritt, eine Figur aus dem Hauptcast das Zeitliche segnen zu lassen, zumal da bisher nur Half Sack – auf Wunsch des Schauspielers! – getötet wurde.

Dass Piney von Clays Hand sterben würde, war hingegen klar: schon von der Sekunde an, in der er Clay wieder einmal ein Ultimatum stellte und sich in seine Waldhütte verzog, um am Ende der Episode von Clay getötet zu werden. Etwas früher, in der sehr starken Szene mit Jax, erwähnt Piney seltsamerweise die Briefe mit keinem Wort. Es bleibt beim Status Quo: Clay ist Chef, Piney ist tot, und Tara verlässt mit den Kindern Charming, denn die Stadt verwandelt sich langsam in ein Kriegsgebiet, wo die Köpfe nur so rollen. Im buchstäblichen Sinne.

Die Abstimmung gegen Clay wird ebenfalls hinausgezögert bzw. unterbrochen: durch einen Angriff auf den Club, der gleichzeitig eine Lieferung ist – zweier abgetrennter Köpfe (Sons und Mayans). Eigentlich sind es zu Chucks Entsetzen sogar drei. Die kleine Handlung um Chuck und sein Chili stellt einen ziemlich makabren Scherz der Autoren dar: Aus der Not heraus integriert Chuck den Kopf in das Rezept und verfüttert das fertige “Essen” an Roosevelts Leute. Ein Familienrezept, meint später Gemma (Katey Sagal). Dieses Rezept aber schmeckt nicht jedem, und so entscheidet sich Tara mit Jax’ Einverständnis, die Stadt zu verlassen.

Der Mord an Piney (William Lucking) nun gehört zu dem Familienrezept, das Clay (Ron Perlman) seit eh und je für seine Clubmitglieder parat hatte. Mir persönlich fällt es schwer, Clays Entwicklung in dieser Staffel zu bewerten. Einerseits gefiel mir die Figur so, wie sie war: angesiedelt in einer Grauzone. Andererseits ist es von der Handlung und dem Hauptkonflikt der Serie her gesehen nur logisch, dass er den Schritt zu einer Art Bösewicht vollzieht. Das lässt uns buchstäblich spüren, wie die Uhr tickt.

Tatsächlich ist in dieser Episode mehrmals eine tickende Uhr im Hintergrund zu hören, zuerst in der Szene zwischen Piney und Jax und dann in derjenigen zwischen Tara (Maggie Siff) und Jax (Charlie Hunnam). Es sieht so aus, als beträfe das Ticken Jax: als zähle es ihm die Sekunden vor und dränge ihn dazu, seinen Kopf wieder herauszuziehen aus dem Sand, in den er ihn im Laufe dieser Staffel gesteckt hat. Piney stellt in diesem Sinne die wichtigste Frage in Family Recipe: „Do you even have a side anymore?“ Das muss Jax schleunigst für sich beantworten, denn es geht dieses Mal um alles: um Leben und Tod.

Obwohl sich also die Episode unterm Strich wie ein vorläufiges Hinauszögern anfühlt, verdeutlicht sie vor allem mit der Verzweiflung und Verbitterung, die die Szene zwischen Chibs und Juice ausstrahlt, an welchem Punkt sich die Serie befindet. Der Club zerfällt, von internen und externen Konflikten zerrissen. Damit kehrt man geschickt und deutlicher denn je zur Prämisse der Serie zurück, zu der Frage, die schon in der ersten Staffel gestellt wurde: Quo vadis, SAMCRO?

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