Wenn man von typischen Castle-Episoden spricht, verdient Head Case, Castle den Status eines Paradebeispiels. Und das ist nicht negativ gemeint: Beispielhaft wird hier der Castle-Fall-der-Woche ausgeführt. Das Einzige, was in Head Case, Castle fällt, sind Köpfe. Zwar haben wir es nicht mit kopflosen Reitern ala Sleepy Hollow zu tun, aber sowohl in der Nebenhandlung um Alexis (Molly Quinn) als auch in der Geschichte um den Mord an Professor Lester Hamilton geht es ums Kopf-Verlieren.
Was Alexis betrifft, im übertragenen Sinne: Ihr wird buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen, als sie von Stanford eine Absage bekommt. Für sie bedeutet diese Absage persönliches Versagen auf der ganzen Linie. Und Castle (Nathan Fillion) muss Zeit und Geduld aufbringen, um seiner Tochter klarzumachen, dass auch sie Zeit und Geduld für sich selbst aufbringen muss – dass man nach so einer Absage nicht gleich sein ganzes Leben in Frage zu stellen braucht.
Castle und Beckett (Stana Katic) stehen vor einer komplizierteren Frage: Wie soll man einen Mord aufklären, wenn man nicht nur das Opfer nicht identifizieren, sondern es nicht einmal auffinden kann? Die Blutspur aber führt das Team zu einem futuristisch anmutenden Lager, in dem sich große, telefonzellenartige Container befinden. Als die Team-Mitglieder hineinschauen, wird der Blick erwidert: von Menschenaugen! Nein, nicht schon wieder Zombies. Tote Menschen starren blicklos aus den Gefrierkapseln, die darauf warten, irgendwann in der Zukunft wieder zum Leben erweckt zu werden – wenn die Menschheit es geschafft hat, den Tod zu überwinden.
Ein zweites Leben. Wie wäre es, wenn man mehr Zeit bekäme, als einem zusteht? Darauf hat der in einer Gasse niedergeschossene und dann gemäß seinem letzten Willen eingefrorene Professor Hamilton gehofft. Sein Ambrosia-Projekt sollte ein Mittel hervorbringen, das menschliches Leben um etwa zehn Jahre verlängert. Finanziert wurde das Ganze bis vor kurzer Zeit von einem Porno-Mogul – der jeden Grund hatte, sich an Hamilton zu rächen, da dieser die geschäftliche Beziehung beenden wollte.
Den Rest der Untersuchung bestreitet das für Castle typische Springen von einem Verdächtigen und einem Motiv zum nächsten, gespickt mit Slapstickszenen (I got it, I got the head!), als deren krönender Abschluss Castle höchstpersönlich mit einem gewagten Sprung von der Feuerleiter die Kopf-Kapsel unter sich begräbt… weich von Müllsäcken abgefedert natürlich. Der Kopf ist tatsächlich der Schlüssel zum Erfolg, sowohl im buchstäblichen als auch im übertragenen Sinne: Ninety-nine times out of a hundred, you catch someone with a guy’s head, he killed the guy.
Zwar hat man hier ausgerechnet den Fall mit dem einen Prozent erwischt, aber der führt Castle und Beckett zur Wahrheit – und die ist ganz einfach. Warum verlieren Menschen den Kopf – zwar nicht in 99 Prozent der Fälle, aber mindestens in 70? Aus Liebe. Ja, es war ein crime of love, wie Kate es ausdrückt, als sie am Ende liebevolle Blicke mit Castle austauscht. Vielleicht sollten die beiden darüber nachdenken, dass man höchstwahrscheinlich doch nur ein Leben hat, um seinen Kopf zu verlieren – und daher nicht alles in eine unbestimmte Zukunft hinein aufschieben sollte… ?