Dexter: In The Beginning (5×10)

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Bisher hatte jede Dexter-Staffel ihren Dexter-Antagonisten, in dem Dexter einen Teil von sich selbst zu erkennen schien: In der ersten Staffel war es sein Bruder Brian, der als „normaler“ Serienmörder ohne die ethischen Zwänge eines Codes seine Opfer beliebig auswählen kann. Danach waren es Lila und Miguel, der vorgab, im Dienste der Gesellschaft zu handeln – dem es jedoch nur um persönliche Macht ging. In der vierten Staffel stieß Dexter (Michael C. Hall) auf Trinity (John Lithgow): die perfekte Maskerade des Monströsen – als perfekte Verschmelzung mit dem Normalen nämlich.

Diese Gegenspieler bildeten eine Gefahr für Dexters Einhaltung der eigenen Prinzipien, indem sie ihm mit ihrem Tun eine Befreiung von diesen Prinzipien in Aussicht stellten. Als Serie zeigt Dexter im Grunde, dass im alltäglichen Leben überall ver- bzw. gestörte Persönlichkeiten anzutreffen sind und die Person Dexter in diesem Sinne nicht wirklich viel ‚anders’ ist. Trotzdem fällt er unter die Kategorie „Monster“. So hat ihn Harry gesehen, so sieht er sich selbst und so, denkt er, würden andere ihn sehen. Aber nicht Lumen (Julia Stiles): Lumen bedeutet eine Veränderung für Dexter, ein Licht am Ende des Tunnels. But with Lumen I’m something different. In her eyes, I’m not a monster at all.

In The Beginning ist nicht nur eine unheimlich intensive Episode, sondern benennt überdies zum ersten Mal direkt (durch Dexters Voice Over) das Problem, mit dem sich America’s Favorite Serial Killer herumschlägt: Er steht zwischen seiner Schwester Debra (Jennifer Carpenter) und Lumen, der Frau, die sein Tun nicht verurteilt. Beide Frauen sind in denselben Fall verwickelt. Beide Frauen wollen eine Auflösung. Aber er kann nur einer helfen. Obwohl seine Schwester Deb vor allem nach Ritas Tod in jeder Sekunde für ihn da war, steht sie auf Seiten des Gesetzes, das in Dexters Welt als impotent dargestellt wird: es kann den Opfern keine Genugtuung bringen, die Täter nicht hinreichend bestrafen. Seit ihrer ersten Minute hat die Showtime-Produktion diese problematischen Diskussionen über Moral und Ethik aufgeworfen.

Lumen will die Männer denn auch selbst bestrafen. In dieser Episode äußert sie den Wunsch, den nächsten Tötungsakt selbst auszuführen. Als sie es Dexter sagt, zeigt ihn uns die Kamera im extremen Close-Up: wir können seinem Gesicht eine Mischung aus Überraschung, leiser Zufriedenheit und Hoffnung ablesen. Nachdem Dexter Harrison mit der Nanny zu den Großeltern geschickt und Lumen in seiner Wohnung aufgenommen hat, bereitet er sie auf den „First Kill“ vor. Er schenkt ihr sogar ein Paar Handschuhe: genau solche wie seine. In dieser Szene und auch später – als er ihr die Halskette schließt, die einer der Männer als Trophäe mitgenommen hatte – bringt man die beiden auf sehr behutsame und beinah zärtliche Art und Weise einander näher.

Sie statten Emily Birch einen Besuch ab, der Frau, deren Blut Jordan Chase in seiner Halskette bewahrt. Während dessen durchsuchen Deb und Quinn das Haus des vermissten Cole. Die Polizei findet dort nummerierte DVDs, die die Taten der fünf Männer enthalten. Nummer 13 muss Lumen sein, so dass Dexter die DVD aus Masukas Labor vertauscht, um so sein Geheimnis zu bewahren. Dexter weiß nicht, dass Stan Liddy (Peter Weller) im Begriff ist, alles aufzudecken. Er beschafft sich mit Quinns gefälschter Unterschrift Überwachungs-Geräte und beobachtet Dexters und Lumens komplette Vorbereitung. Lumen geht mit der DVD Nr.13 zu Emily – und dieses Mal erzählt ihr Emily die Wahrheit: dass nämlich sie selbst die erste war, dass Chase (Jonny Lee Miller) damals Eugene Greer hieß und die ganze Gruppe zu den Taten bewegt, sie aber selbst immer nur beobachtet. Emily nennt den Namen des letzten Jungen auf dem Foto: Alex Tilden (Scott Grimes).

Zum Entsetzen des Zuschauers stellt sich heraus, dass Chase dies alles geplant hat: In einer verstörenden Szene sehen wir, dass Chase und Emily eine Art Beziehung führen. Exzellente Performance von Jonny Lee Miller in dieser und in der Szene mit Dexter selbst, als Chase auf dem Revier freiwillig eine DNA-Probe abgibt. Außerdem: ein spannungsgeladenes Täuschungsmanöver seitens der Autoren, als Dexter und Lumen dabei sind, Alex zu töten, und es so aussieht, als befände sich „the kill room“ in dessen Wohnung! Chase weist Deb und Quinn auf Alex hin, und sie kommen in sein Haus. Aber Lumen und Dexter sind im Haus nebenan.

Die Szene mit Lumens erstem Mord ist exzellent orchestriert, sie ist nicht zu lang und trifft die Stimmung der kompletten Episode, die in meinen Augen sogar zärtlich-tragisch wirkt. Vielleicht bereitet man dadurch die Zuschauer auf ein mögliches Ende vor, in dem Lumen Dexters Taten auf sich nimmt, um sein Geheimnis zu bewahren?

Debra findet vor Alex’ Haus einen kleinen Schuhabdruck, wie von einer Frau, der ihre Theorie zu bestätigen scheint. In Boyds Sammlung befanden sich nur zwölf Haarsträhnen, und die dreizehnte DVD fehlt. Alles erweckt den Eindruck, als würde das letzte Opfer Chase & Co. jagen und beseitigen. Die Episode endet mit Dexter und Lumen, die ihre dunkle Bindung konsumieren. Eine Szene, in der die beiden hoffnungsvoll, zufrieden und gleichzeitig tragisch wirken…

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