Die fünfte Dexter-Staffel ist zu Ende. Und obwohl die US-Serie seitens Showtime verlängert worden ist, müssen wir uns fragen, ob Dexter als Serie vorbei ist. Eine sehr komplizierte Frage, die in diesem Artikel nicht eindeutig beantwortet wird. Trotzdem stelle ich sie gleich an seinem Anfang, um eine Diskussion zu provozieren.
Vieles an dieser Serie ist einfach exzellent: angefangen bei Michael C. Halls Performance bis hin zur audiovisuellen Beschaffenheit. Auf der anderen Seite droht die Formelhaftigkeit auf der Handlungsebene auch dem geneigten Zuschauer allmählich fade zu schmecken. Grund: Die Entwicklung des Protagonisten scheint ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Wohin will und kann ihn die Serie noch führen, wo er in den vergangenen Staffeln noch nicht war? Können wir noch Neues über Dexter lernen?
Die Antworten auf diese Fragen lassen bis zum nächsten Jahr auf sich warten. Dafür können wir jetzt drei Szenen aus diesem Finale sezieren und eine Blutanalyse durchführen, um die fünfte Staffel abschließen zu können. Hierzu wählen wir: die Abrechnung mit Jordan Chase (Jonny Lee Miller), Debs (Jennifer Carpenter) Entscheidung, seine Mörder laufen zu lassen, und die Auflösung im Falle Quinn-Liddy.
Wer vom Finale einen Cliffhanger oder eine überraschende Wendung erwartet hat, dürfte jetzt enttäuscht sein. Trotzdem sollte man das Finale keinesfalls als schlecht verurteilen. Ich finde die Entscheidung der Autoren, Lumen (Julia Stiles) gehen zu lassen, absolut plausibel – und daraus ergibt sich in meinen Augen das Payoff dieser Staffel: Dexter wurde buchstäblich vor Augen geführt, dass Dunkelheit verschwinden, dass The Dark Passenger eines Menschen über Nacht in den See gleiten kann. Nach Ritas Tod brachte Lumen tatsächlich Licht in Dexters Leben. Sie brachte ihm Hoffnung: wenn nicht darauf, dass sein Dark Passenger irgendwann ganz verschwinden würde, so doch immerhin auf die Möglichkeit, Menschlichkeit zu empfinden, sich als Mensch zu fühlen.
Dieses Gefühl verstärkt sich durch Debs Entscheidung, Dexter und Lumen gehen zu lassen. Sie weiß nicht, wen sie da gehen lässt; im alten Camp, wo Dexter und Lumen Chase töten, hängt ein Vorhang zwischen Debra und den beiden. Sie will es auch gar nicht wissen: denn vermutlich könnte sie ihre Entscheidung andernfalls nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Anonymität ist hier nicht nur Mittel zur Erzeugung von Spannung, sondern Voraussetzung für Debras Entscheidung.
Man kann natürlich spekulieren: was wäre geschehen, wenn die Serie keine sechste Staffel bekommen hätte? Vielleicht wäre dann auch die Sache um Liddys Mord anders abgelaufen. Aber Dexter hilft Quinn aus der Klemme – das Blut auf dem Schuh! -, ohne dass jemand etwas bemerkt. Genauso wie Debra Dexter laufen ließ, ohne es zu wissen, lässt er ihr Quinn. Beziehungen sind das Schwerste, registriert Dexters Voice Over – aber vielleicht hat Dexter einen weiteren Schritt in diese Richtung getan? Gibt es für ihn überhaupt eine Richtung?
Am Ende sehen wir alles „back to normal“: umgeben von Freunden und Verwandten feiert Dexter Harrisons Geburtstag. Um ihn herum sehen wir Menschen zu einander finden und ihre Beziehungen wieder aufnehmen. Ist damit Dexters Frage “Is this what I do, curse everyone around me?” beantwortet?