Im Vergleich zu anderen Krimi-Procedurals auf CBS hat man bei NCIS das Gefühl, dass die Serie immer charmanter wird, je länger sie läuft. Die Serie schafft es nach wie vor sehr geschickt, Ernstes (Krimifälle) mit Slapstick zu kombinieren. Dadurch, dass Gibbs (Mark Hamon) ein festes Zentrum innerhalb der Figurenkonstellation bleibt und seine Bindungen zu den anderen Figuren über die Staffeln hinweg ausgebaut wurden, funktionieren Szenen wie die am Anfang von Short Fuse, als Fotografen im Büro für das Cover der NCIS-Recruiting-Broschüre Aufnahmen von Tony machen.
Tony hat selbstverständlich wenig Zeit, um Ziva (Cote de Pablo), McGee (Sean Murray) und Abby Sciuto (Pauley Perrette) seine Herrlichkeit unter die Nase zu reiben, denn alle müssen los. Heather Dempsey (Abby Brammell, The Unit), eine Bombenexpertin der Marine, die wir schon im Teaser sehen, hat einen Einbrecher erschossen. Übrigens, sehr „erfrischend“ innerhalb der Genrekonventionen finde ich die Szene, als die (uns noch) unbekannte Frau mit jemandem im Bett ist, Geräusche im Haus hört, die Waffe lädt und nachgucken geht. Mit drei gezielten Schüssen beseitigt sie die Geräusche…
Im Laufe der Untersuchung erweist sich, dass der Mann kein Einbrecher war, sondern ein Auftragsmörder, dessen Identität schwer herauszufinden ist, da seine Fingerkuppen fehlen. Heather war mit einem hochrangigen FBI-Agenten im Bett – war er das Ziel des Mörders? Durch die Einbeziehung des FBI bekommen wir eine weitere wiederkehrende Figur zu Gesicht, nämlich Tobias Fornell (Joe Spano). Die Szenen zwischen ihm und Gibbs waren immer schon exzellent, aber in dieser Episode gehören sie zu den besten. Wir sehen Gibbs zu Hause bügeln und sich währenddessen einen schwarz-weißen Western anschauen. Dann kommt Fornell vorbei und hat indisches Essen mitgebracht.
Ab diesem Zeitpunkt inszenieren die NCIS-Autoren die beiden Männer sehr amüsant als ein altes verheiratetes Pärchen. Wenn man es ganz genau nimmt, sind sie miteinander fürs Leben verbunden, nicht nur durch die gemeinsame Ehefrau (die Ex von Gibbs, die dann Fornell heiratete), sondern durch eine Art Kameradschaft und die Geheimnisse, die sie miteinander teilen. Tobias und Jethro sind nach all den Jahren Freunde geblieben: We’re both agreed we hate that place, sagt Gibbs über den indischen Imbiss.
Nicht nur lösen die beiden den verwickelten Fall, sondern sorgen in dieser Episode für zwei weitere großartige Szenen. Amüsant sind zum Beispiel die Blicke, die sie einander zuwerfen, als die Frau des FBI-Agenten fragt, ob sie beide schon einmal verheiratet gewesen bzw. noch seien. Ja – mit derselben Frau und auch in gewissem Sinne miteinander! Am Ende der Episode kommt Gibbs nach Hause, nur um Fornell in der Küche vorzufinden. Er kocht italienisch, verhindert Gibbs’ Versuch zu probieren mit einem Klaps auf die Hand und sagt ihm, dass er nachher abwaschen solle.
Nun: den Schlag auf den Hinterkopf bekommt Tony auch in dieser Episode. Indirekt, mit psychischer statt physischer Wirkung. Gibbs verpasst den Klaps Tonys lebensgroßer Pappfigur, die der Fotograf (Personal Affairs) mitgebracht hat. Genauso lustig: Gibbs “poster boy”-Bezeichnung für Tony – und McGees Vorschlag für das Coverbild: Tony und McGee, wie sie wegen unerlaubten Betretens verhaftet werden. Tonys Filmreferenz der Woche – Body Heat mit Kathleen Turner und William Hurt – trifft diesmal jedenfalls ins Schwarze, was sogar seine Kollegen zugeben müssen. Im Visier des Mörders stand Heather, da sie einen eigenen Rachefeldzug für ihren Bruder unternahm…
Am Ende gibt es Gerechtigkeit im NCIS-Style. Und poster boy wird wer? Gibbs natürlich.