Terminator: The Sarah Connor Chronicles – Das nullte Gesetz am Freitagabend

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Die drei Gesetze der Robotik, die der Schriftsteller  Isaac Asimov im Jahre 1942 in seiner Sci-Fi-Geschichte „Runaround“ erstmals festlegte, lauten:

1. Ein Roboter darf kein menschliches Wesen (wissentlich) verletzen oder durch Untätigkeit gestatten, dass einem menschlichen Wesen (wissentlich) Schaden zugefügt wird.
2. Ein Roboter muss den ihm von einem Menschen gegebenen Befehlen gehorchen – es sei denn, ein solcher Befehl würde mit Regel 1 kollidieren.
3. Ein Roboter muss seine Existenz beschützen, solange dieser Schutz nicht mit Regel 1 oder 2 kollidiert.
Diese Gesetze stellten ein künstliches Wesen als ein zutiefst ethisch handelndes dar – und dadurch sogar als ein zwar dem Menschen dienendes, aber in gewissem Sinne erhabeneres Wesen: solange der jeweilige Roboter den Gesetzen folgt. Der einzelne Mensch erschien als die zu beschützenden letzte Instanz. In Asimovs späteren Werken „Robots“ und „Empire“ wurden die Gesetze modifiziert, indem das „nullte“ Gesetz eingeführt wurde:
0. Ein Roboter darf die Menschheit nicht verletzen oder durch Passivität zulassen, dass die Menschheit zu Schaden kommt.
1. Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen, außer er verstieße damit gegen das nullte Gesetz.
2. Ein Roboter muss den Befehlen der Menschen gehorchen – es sei denn, solche Befehle stehen im Widerspruch zum nullten oder ersten Gesetz.
3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieses sein Handeln nicht dem nullten, ersten oder zweiten Gesetz widerspricht.

Durch diese Modifizierung verschiebt sich der Blickwinkel vom einzelnen Individuum auf das Wohl der ganzen Menschheit. Diese „Globalisierung“ der Gesetze vermenschlicht zwar die Roboter, aber steht automatisch vor einer der schwersten moralischen Entscheidungen, nämlich gegebenfalls einen einzelnen Menschen für mehrere opfern zu müssen: Es wäre einem Roboter in einem solchen Fall erlaubt, Menschen absichtlich zu verletzen. Den Höhepunkt dieses Problems demonstriert der (auf Asimovs Arbeit basierende) Film „I, Robot“, in dem die Roboter die Macht übernehmen, um die Menschheit vor sich selbst zu schützen.

Dasselbe gilt für die Terminator-Filme, die den Sachverhalt freilich extrem vereinfachen –  aus Gründen der Mainstream-Tauglichkeit und bedingt durch die geringe Zeitspanne, die ein Film zur Verfügung hat, um seine Geschichte zu erzählen. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei hinzugefügt, dass die Terminator-Filme keinesfalls auf den Robotik-Gesetzen basieren – das Thema aber, das sie behandeln, kollidiert unausweichlich mit der Fülle an Sci-Fi-Robotergeschichten. Trotz meiner Liebe zu diesen Filmen muss man gestehen, dass sie aus der reichhaltigen Roboter-Kulturgeschichte nicht viel herausgeholt haben. Aber das war, wie gesagt, auch nicht der Sinn der Sache.

Wenn es allerdings um eine Terminator-TV-Serie geht, die über den Raum verfügt, eine big story erzählen zu können, dann sehen meine Ansprüche anders aus. Wie ich in dem Review zur ersten Staffel bereits erwähnte, machte die Serie ihren Job nicht schlecht, aber abgesehen vom Autorenstreik hatte sie einige Probleme zu bewältigen. Um in den Fan-Kultbereich einzudringen, fehlte zunächst einmal nämlich ein wenig Sci-Fi-Philosophie, mit dem sich die Serie vom Action-Zwang der Terminator-Familie hätte abgrenzen können.
Bevor ich zu den – meiner Meinung nach erfreulichen – Veränderungen komme, die die Serie in der zweiten Season erfuhr, verschaffe ich uns nochmals einen Überblick über die Schwierigkeiten, vor denen die Serie stand und teilweise immer noch steht:

Die Terminator-Filme: Dem Wunsch des Networks folgend, die Terminator-Fangemeinde vor die TV-Bildschirme zu locken, schossen sich die Macher der Serie ein Eigentor, indem sie zeitlich und narrativ versuchten, die Serie ganz genau im Terminator-Universum zu situieren. Hierdurch und durch die Werbekampagne des Networks für eine actionreiche Produktion weckte man falsche Erwartungen – falsch in dem Sinne, dass die Serie als Vervollständigung der Terminator-Reihe verstanden wurde und damit keine eigene Geschichte zu erzählen hatte. Diese Tatsache war ablesbar an rückgängigen Zuschauerzahlen und der etwas gradlinigen Erzählung sowie einem für ein Serial kleinen Figurenkreis.

FOX forderte mehr actionreiche abgeschlossene Episoden, um das junge Männerpublikum des Networks bei der Stange zu halten und leichter neue Zuschauer zu gewinnen.
Laut Josh Friedman, dem Executive Producer der Serie, ist die Zusammenarbeit mit FOX keine einfache Geschichte (das überrascht wohl keinen). Es soll tatsächlich ein Kampf hinter den Kulissen stattgefunden haben, nämlich Serial vs. Procedural. Von Anfang an wollte Friedman die Story verkomplizieren, sie stark serialisieren, aber das Network (so seine Version) weigerte sich, da die Verantwortlichen die Unmöglichkeit eines Zwischendurcheinstiegs neuer Zuschauer fürchteten (erinnern wir uns an die Durcheinander-Ausstrahlung der Firefly-Folgen, je nach Actioninhalt!). Man wünschte sich vielmehr einen „Terminator of the Week“.

Nachdem der bevor stehende vierte Terminator-Film die Hoffnung auf neue Zuschauer geweckt hatte, orderte man eine zweite Staffel, wie manche Insider berichten. Als die Quoten sich jedoch nicht verbesserten (teilweise auch wegen der unglücklichen Programmierung, da Prison Break Terminator nicht, wie gehofft, nach vorne pusht, sondern vielmehr runterzieht), war Terminator in den Augen mancher FOX-Executives sowieso schon verloren – und die Autoren bekamen ihre Freiheit, nach dem Prinzip „sollen sie machen, was sie wollen, es ist eh schon vorbei“. So konzentrierte man sich auf den Ausbau von verschachtelten Figurenbeziehungen und komplizierten Erzählsträngen.

Terminator ist nicht mehr (nur) die Action-Geschichte von der Rettung der Welt, sondern eine Geschichte über menschliche Beziehungen und die Rolle der Maschinen darin. Die Folgen gleichen nicht mehr spektakulären Actionfilmen, sondern Charakterstudien, die – zuweilen wie in einer Asimovschen Erzählung – die Roboter zu gleichwertigen Protagonisten aufsteigen lassen und entsprechenden Fragen nachjagen: Kann eine Maschine auch eine Seele haben? Wo ist die Grenze zwischen programmiertem, erlerntem und echtem Fühlen, zwischen Empathie (Einfühlung) und Mimesis (Nachahmung)?

Das bedeutet nicht, dass Terminator zu einem dialogbehaftetem Weichspülmittel geworden wäre. Im Gegenteil – die Serie geht noch härter und schonungsloser mit ihren Figuren um. Und sie hat ihren eigenen audiovisuellen Stil gefunden. Mir persönlich haben es die Action-Inszenierungen sehr angetan, die ihre Wurzeln in den Shoutouts des Italo-Westerns finden. Ein Beispiel ist die Sequenz in der Kirche, als Cromartie auf fast elegische Art niedergeschossen wird (Folge 8 – die narrativ und audiovisuell beste dieser Staffel -, Min. 39). Nicht zu vergessen Sarahs Traumsequenzen in den letzten drei Folgen, die den Erzählfluss zwar bremsen, aber auf positive Art und Weise verkomplizieren. Je mehr Unbekannte in der Gleichung Maschinen vs. Menschen auftauchen, desto besser.

Auffällig in vielen Szenen mit Cameron, aber vor allem mit Cromartie sind die abwechselnden Low Angle-Aufnahmen, die eine Bedrohung implizieren, mit extremen Close Ups, die auf unser Mitgefühl abzielen. Am meisten profitiert von der Kamera Summer Glau – die Kamera tanzt buchstäblich um sie herum. Und ich bin sicher, dass es von Cameron mehr extreme Close Ups gibt als von Sarah. Das ist bezeichnend für die Entwicklung der Serie: weg von der Konzentration auf John und Sarah hin zu den anderen Figuren, wie zum Beispiel Ellison, der wie in einer griechischen Tragödie buchstäblich zwischen den Fronten steht und das Spiel, das gespielt wird, nicht ganz begreift. In der siebten Folge fragt er selber: Was ist meine Rolle?
Und was ist die Rolle der Serie in FOX’ Pläne?

Es kamen eine „überraschende“ Bestellung einer kompletten Staffel und ein neuer Programmplatz! Diese Entscheidungen des Networks warfen etliche Fragen auf. Terminator hatte für viele kurz vor der Absetzung gestanden – und nun wurde nicht nur eine komplette Staffel bestellt, sondern die restliche halbe Staffel soll außerdem am tödlichen Freitag zusammen mit Dollhouse ausgestrahlt werden, die dank der ganzen Vorgeschichte und den bisherigen Arbeitsbeziehungen zwischen Joss Whedon und FOX eh schon vor der Absetzung steht, bevor sie auch nur angefangen hat: auf den ersten Blick eine ziemlich unlogische Entwicklung.

Das Januarprogramm ist FOX’ „große Nummer“ des Jahres, da 24 und American Idol zurückkehren. Dank American Idol bleiben in der Primetime nur wenige Timeslots übrig, da die Show mehrmals in der Woche läuft. Das könnte ein Grund dafür sein, Terminator und Dollhouse am Freitag zu kombinieren; aber ich glaube, hinter der Entscheidung stecken andere Gedanken. Natürlich ist es üblich, Serien, in, welche man kein Vertrauen hat, am Freitag laufen zu lassen. Aber! In erster Linie ist es gut, Terminator vor Prison Break zu retten. Zweitens ist Freitag zwar ein „death slot“, aber das bedeutet, dass generell die Zahlen der fernsehenden Amerikaner nicht so hoch sind und damit der Quotendruck von Terminator etwas abfällt.

Das bedeutet: wenn das Drama am Freitag die Zuschauerschaft behält, die es sonst hat, verändern sich die Ratings von durchschnittlich bis schlecht in gut. Außerdem ist es sowohl für Terminator als auch für Dollhouse sinnvoll, nicht mit einem Top-Hit kombiniert zu werden, denn wenn sie das Publikum nicht halten können, dann sieht es sehr schnell böse aus. Und wir wissen, wie wenig Geduld die FOX-Verantwortlichen aufzubringen pflegen.

Die Kombination der beiden Serien bildet sozusagen einen Kult-Freitag, und wieder tritt Joss Whedons frühere (Firefly-) Weggefährtin Summer Glau in den Vordergrund als interne Verbindung: zwischen den beiden Serien und zu einer anderen Bekannten aus Wheedons Universum, Eliza Dushku. Mit der Ausstrahlung von SCI FI Channels Battlestar Galactica bekommen die Anhänger des so genannten Cult TV einen schönen Freitagabend serviert.
Was mit Terminator und Dollhouse geschehen wird, steht in den Sternen. The truth is out there…  könnte man FOX’ erfolgreichstes Freitag-Drama der 90er zitieren.
Nun ja, Firefly lief auch am Freitag… und wurde brutal terminiert. Wie ein US-Kollege meinte: Hopefully the fate of Terminator and Dollhouse can follow Mulder and Scully’s TV route and not Captain Malcolm Reynold’s.

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