Zum Glück wussten wir schon vorher, dass Evil is going on True Bloods Seasonfinale sein soll: sonst hätten wir’s wohl kaum gemerkt. Fernsehzuschauer erwarten von einem Finale weder nur einen Punkt noch nur ein Komma, sondern beides. Nicht nur, dass ein wirklicher Cliffhanger ausblieb; nicht nur, dass sich gegen Ende dieser Staffel alles etwas festgefahren hatte: offenbar haben die Autoren das Ganze schlichtweg auf die nächste Staffel verschoben – und so manch einen Zuschauer mit Evil is going on frustriert zurückgelassen.
Schlecht ist die Episode durchaus nicht. Sie unterstreicht aber den Eindruck, die Autoren wollten mit zu vielen Bällen auf einmal jonglieren. Zwar zeigen uns Alan Ball & Co. erfreulicherweise, dass die Erzählung gleich einem unaufhörlichen Blut-Fluss vorangeht. Aber dann erwartet man von True Blood eben richtiges Fließen und kein Plätschern.
Die Ereignisse im Finale werden durchzogen von Misstrauen und Verrat: double- und triple-crosses: nichts Neues oder gar Unvorhersehbares für die Zuschauer; überdies wird der Hauptplot mit Sookie viel zu oft durch die etlichen Nebenplots aufgehalten, was seinen Fluss unterbricht, als müsse er sich durch jeden Damm hindurchquälen. Natürlich bringen die vielen neuen Figuren mit ihren Stories Farbe in True Bloods Welt – und das ist eine schöne Sache. All die Nebenplots – Hotshot und Jason, Sams Familie, die Werwölfe, Tara, Lafayette und Jesus, Jessica und Hoyt etc. – wurden nach und nach zu einer Folie, die das auf den Hauptplot um Sookie fallende Licht reflektierten – nie aber nahmen sie direkten Einfluss auf ihn, so dass ein dramatisches Ganzes nicht zustande kam.
Nichtsdestotrotz scheint mir Sookies Reise für den Moment zufrieden stellend abgeschlossen. Da alle Beteiligten sie ständig hinters Licht führen, steht Sookie schließlich ganz allein und kann sich an niemanden mehr wenden. So geht sie am Ende zum Grab ihrer Großmutter und beichtet ihr die kaum zu ertragende Einsamkeit, die sie umgibt. Sookie hat das Gefühl, dass alle nur eins wollen: das Licht – ihr Licht. Wie ein Blatt wird sie vom Wind hin und her geblasen – ein Geblase, das die Flamme, das Licht tatsächlich auszulöschen droht. Auf die ganze Welt ist Sookie in diesem Finale zornig – und braucht sie doch zugleich: Anna Paquin meistert dieses Wechselbad der Gefühle mit Bravour.
Sookie rettet Eric und Russell, zur großen Freude von Godric, der Eric als um Vergebung für Russell bittende Vision erscheint. Eric aber kann Russell nicht verschonen – und orientiert sich an den Rammstein-Liedversen „Mit deinen Füßen im Zement / verschönerst du das Fundament“. Russell wird in ein Loch zementiert und damit, dramaturgisch gesehen, „auf Eis gelegt“: so einen hervorragenden Bösewicht, wie Denis O’Hare ihn in dieser Staffel spielte, kann man nicht einfach über Bord werfen. Mal sehen, wann Russell wieder das Licht des Mondscheins erblickt.
Bill hintergeht Eric und zementiert ihn ebenfalls – aber eine Schicht Zement kann Eric nicht daran hindern, wieder aufzutauchen, die Sookie-Bill-Aufklärungsromantik zu unterbinden und Sookie tatsächlich aufzuklären. So bekommen wir endlich zu hören, wie es wirklich zu dem Treffen zwischen Sookie und Bill kam. Am Ende steht Sookie, wie gesagt, allein: die True Blood-Erzählung hat sie an den Punkt geführt, da sie sich von jeder Figur distanzieren muss bzw. will.
Nun, ganz allein ist sie nicht, denn Claudine erscheint und nimmt sie mit. Das Licht erlischt – und Sookie ist verschwunden. Nachdem im Finale der letzten Season Bill verschwand, ist die Reihe nun an Sookie. Diese Staffel baut, im Rückblick betrachtet, eine Brücke zur nächsten – und es bleibt spannend zu sehen, welche Jonglierkunst Alan Ball mit all seinen Bällen für die nächste Staffel parat hat.