Category Archives: NCIS

NCIS: The Tell (9×18)

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Wie es aussieht, kann man sich diese Woche vor Tanz-Metaphern im US-Fernsehen gar nicht retten. Zwar geht es in der neuen NCIS-Episode nicht direkt um Tanz und Musik, aber um Gibbs und Dr. Ryan. Die mental-verbalen Auseinandersetzungen der beiden sind mittlerweile zu einem eigensinnigen Tanz geworden, bei dem die Führung ständig wechselt. Eigentlich lässt sich keiner der beiden führen, sondern sie versuchen sich gegenseitig die Schritte vorzugeben, ohne einander auf die Füße zu treten. Oder tun sie es doch?

Die Episode startet fulminant, als wie aus dem Nichts Secnav Jarvis erschossen wird. Gibbs und Tony stehen ganz in der Nähe und unternehmen nur wenig – für ihre Verhältnisse. Ziemlich schnell erfahren wir, dass es sich um eine Falle handelt: für Jarvis‘ alten Freund Phillip Wickes (William Russ). Wickes ist Inhaber eines großen Unternehmens, das jahrelang für die Navy Schiffe baute. Er soll glauben, Jarvis sei tot, um so vielleicht unter Druck zu geraten.

Sich zu verraten: das ist es, was Gibbs und eine gewisse Dr. Ryan von Wickes wollen. Ja, Jamie Lee Curtis ist zurück in der Rolle der ständig unter Gibbs‘ Haut kriechenden Psy-Ops-Expertin Dr. Ryan. Mit ihr kommt ein weiterer Gastdarsteller, nämlich Sean Astin, der einen Kollegen Ryans verkörpert. Apropos “kriechen”: Gibbs‘ Team, allen voran Ziva (Cote de Pablo), versucht in Erfahrung zu bringen, ob Gibbs und Ryan zusammen sind oder nicht. Aber das wissen nicht einmal die beiden selbst.

So kommen wir zurück zum Tanz: denn miteinander tanzen – das tun Ryan und Gibbs, und einen Tanz veranstalten sie auch für die Beteiligten im Fall der Woche. Obwohl Ryan Tonys Qualitäten als “gameshow host qualities” bezeichnet und in Abbys Kopf zu kriechen scheint, übt sie auf Gibbs‘ Truppe eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Vor allem Ducky ist nach Ryans Gespräch mit einer ‚seiner‘ Leichen fasziniert von ihr. Und Gibbs? Er eigentlich auch…

Die beiden spielen im Laufe der Episode ein paar wirklich gelungene Szenen, zum Beispiel, als Ryan Gibbs die Zeichnung ihres Sohnes präsentiert. Auf dieser sind sie und das Kind auf einem Boot zu sehen. Ohne mit dem Finger darauf zu zeigen, verknüpft man sehr schön das zentrale Thema der Serie, nämlich die Erzählung über das NCIS-Team, mit dem Fall der Woche – dem Schiffbau für die Navy – und den fließenden Tanzbewegungen von Ryan und Gibbs. Und schließlich arbeitete Gibbs selbst in den früheren Staffeln in seinem Keller an einem Boot… Wasser, Schiffe, Reisen – mit dem Bild eines Bootes ohne Passagiere lässt Ryan Gibbs am Ende sitzen, nach einem Kuss. War es ein Abschiedskuss oder ein Versprechen? Wird Ryan diejenige sein, mit der Gibbs seine letzte Reise antritt?

NCIS: The Good Son (9×19)

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Der Fall der Woche dreht sich um den Mord an einem Marine-Offizier, der anscheinend in ernsthaften Beziehungsproblemen steckte und sich zudem noch in finanzielle Nöte begab. Aber das ist nicht alles. Die Dinge liegen kompliziert. Aber die Schwierigkeiten ergeben sich nicht so sehr aus den Verwicklungen um die Untersuchung, sondern aus der persönlichen Anteilnahme Direktor Vances an seinem Fall: Der Hauptverdächtige ist kein Geringerer als sein Schwager Michael.

Auf den ersten Blick scheint die familiäre Bindung nicht so eng, aber wir erfahren, dass Michael stets wie ein eigener Sohn für Leon war. Er hat ihn aus den Schlamasseln der jungen Jahre herausgeholt und ihm immer wieder unter die Arme gegriffen. So auch jetzt: Demnächst soll Michael mit Leons finanzieller Unterstützung eine Autowerkstatt eröffnen. Angesichts dieser Umstände kann und will Leon nicht an Michaels Schuld  glauben. Und die Beweise scheinen ihm zunächst Recht zu geben. Aber Gibbs ist vorsichtig und versucht Leon aus der Sache herauszuhalten – um ihn zu schützen, falls das Ganze doch schlecht für Michael ausgehen sollte. Gibbs erlebt eine solche Situation nicht zum ersten Mal.

Leon: It’s complicated.
Gibbs: Family, Leon. It always is.
Diese Aussage betrifft nicht nur Vance und seine Familie, sondern auch die NCIS-Familie als solche. Es ist nicht immer leicht, für den anderen da zu sein und gleichzeit Objektivität zu bewahren – vor allem dann nicht, wenn man weiß, dass man diese “Familienmitglieder” verletzen könnte.

Trotzdem – sowohl in Leons Fall mit Michael als auch in Gibbs’ Fall mit Tony – gilt es den Familienmitgliedern zu versichern, dass sie ihren Platz in dieser Familie haben und weiterhin haben werden, auch wenn sie einmal zu oft “yabba yabba” von sich geben…

NCIS: Need To Know (9×17)

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Obwohl wir von Gibbs’ möglicher Affäre diese Woche nichts hören – damit geht es laut CBS Ende März weiter -, gibt es eine weitere attraktive Frau, die in Augenschein genommen werden muss. Aber bis das Team zu dieser Erkenntnis gelangt, dauert es eine Weile. Gibbs & Co. untersuchen den plötzlichen Tod eines Marine-Offiziers, kurz bevor er Gibbs wichtige Informationen über einen Deal mit dem berüchtigten Waffenhändler Agah Bayar mitteilen konnte. Wie Ducky und Abby feststellen, wurde der Mann per Fernbedienung ermordet: Jemand hat sich in den Computer seines Arztes eingehackt und die Einstellungen des Herzschrittmachers geändert.

Man darf getrost behaupten, dass die NCIS-Agenten ebenfalls per Fern- und Nahbedienung kontrolliert werden – und die heißt in jedem Fall Gibbs (Mark Harmon)! Aber nicht mit ihm hat das Team diese Woche zu hadern, sondern auf humorvolle Art und Weise mit sich selbst. Während Ziva (Cote de Pablo) unter Lampenfieber leidet – sie muss vor Studenten einen Vortrag halten -, ist der Auslöser von Tonys (Michael Weatherly) fiebrigem Zustand natürlich eine schöne Frau, genau gesagt: das britische Model an der Seite von Bayar, das Tony gern eigenständig befragen würde. Stattdessen bekommen McGee und Ned Dornaget (Matt Jones) diese Aufgabe übertragen.

Mich hat der erneute Auftritt Agent Dornagets gefreut, denn er trägt nicht nur zum Slapstick bei: Seine Anwesenheit bietet mehr Möglichkeiten der Figurenkombination, je nach zu behandelndem Fall – und außerdem braucht NCIS die eine oder andere neue persönliche Geschichte. Need To Know schafft es, den vielversprechenden Fall der Woche so mit Comedy zu verbinden, dass die Mischung nicht aufgesetzt wirkt. Die Sache um Bayar ist nicht das, was sie zu sein scheint, genauso wie die britische Schönheit an seiner Seite nicht die Frau ist, für die man sie hält. Sie ist nicht einmal Britin, jedenfalls nicht ganz. Eine Halb-Russin, deren Vater einen hohen Posten beim KGB bekleidete: das bedeutet Kalter Krieg!

Den allerdings führen die unterschiedlichen US-Behörden untereinander, denn NCIS werden Informationen von der DIA (Defense Intelligence Agency) vorenthalten – mit der lapidaren Erklärung “Don’t need to know!”. Während Gibbs und Leon nach und nach herausfinden, dass sogar Bayar für beide Seiten arbeitet, bekommen McGee und Ned ein gravierendes Problem. Dieses ergibt sich nicht aus der Tatsache, dass Gibbs den falschen Kaffee gebracht hat oder dass Ned schwul ist (was er Tim gegenüber gesteht). Auch nicht daraus, dass Dornaget sowohl seine Dienstwaffe als auch seinen Stift vergisst und den Ausweis verkehrt herum zeigt.

Problematisch werden Eva Baranskys Kampffähigkeiten, als sie Ned überwältigt und flieht! Die Angst vor Gibbs braut sich gerade zusammen, da erweist sich, dass die beiden unabsichtlich genau das Richtige getan haben. Die Frage lautet nun: Haben DIA und NCIS das Richtige getan? Gibbs muss Bayar laufen lassen, aber nur dieses Mal.  Wird es ein nächstes Mal geben? Hoffentlich, denn NCIS braucht wieder eine dünne rote Linie, die sich durch die Epsioden zieht…

NCIS: Psych Out (9×16)

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In den letzten Wochen ging NCIS tatsächlich, wenn auch im metaphorischen Sinne, in die Köpfe der Beteiligten hinein – vor allem in Gibbs’ (Mark Harmon) und Tonys (Michael Weatherly). Mit Psych Out setzt sich dieser Trend fort, nur werden Mind Games hier direkt zum Thema. Die moderne Kriegsführung findet in den Köpfen statt, lautet die Prämisse einer Navy-Spezialabteilung, die hier PsyOps heißt. Darin gründet nun der Verdacht einer gewissen Dr. Cranston, als einer ihrer Patienten angeblich Selbstmord begeht.

Ja, Rachel Cranston, Kates Schwester, ist wieder da… und übt Druck auf Gibbs aus: Er soll herausfinden, wer in die Geschichte involviert ist. Man muss sagen, dass Rachels Auftritt für eine Rückkehr arg im Schatten verläuft. Denn Team Gibbs lernt in dieser Episode Dr. Ryan (Jamie Lee Curtis) kennen: und die hat hinter dem breiten Lächeln, mit dem sie allen begegnet, schon ein ausgeklügeltes Spiel begonnen, das Stärken und Schwächen des Gegenübers mit einkalkuliert.

Als eine der besten auf ihrem PsyOps-Arbeitsfeld versucht sie auch bei Gibbs die Fäden zu ziehen, aber das klappt nicht – jedenfalls nicht für lange. Gibbs zitiert Regel Nr. 42: Don’t ever accept an apology from someone who just sucker-punched you! Allerdings geht es nicht um Entschuldigungen, sondern um zwei Menschen, die sich das Anerkennen des jeweils Anderen leisten können und dennoch keinen Schritt zurückweichen. Dazu gehört stets die Aufmerksamkeit für das, was das Gegenüber macht: man muss es lesen. Was Gibbs dazu führt, eine “Only Paper”-Untersuchung zu befehlen, die McGee zur Verzweiflung treibt. Von Papier liest es sich am besten: lautlos.

Obwohl der Fall der Woche sich nicht als die angedeutete große Verschwörung entpuppt, erfüllt er in meinen Augen den Zweck, dessen Mittel er ist. Eine sinnvolle Entscheidung der Autoren, Dr. Ryan genauso job-treu zu präsentieren wie Gibbs selbst – und sie letzten Endes nicht auf die dunkle Seite zu schicken! Nicht nur wegen der großartigen Chemie zwischen Mark Harmon und Jamie Lee Curtis, sondern auch wegen der Entwicklung in den letzten Episoden.

Kein Wunder, dass Gibbs am Ende einwilligt, als ihn Ryan mitten in der Nacht zum Frühstück einlädt – und sogar sein Lieblingsdiner anbietet, das 24 Stunden geöffnet hat: Dort fand auch die  What-if-Episode mit Gibbs’ Lebensrückblick statt, und dort schloss er eine Art Frieden mit sich selbst. So muss die nächste Frau in seinem Leben nicht rothaarig sein. Dr. Ryans Haarfarbe gleicht Gibbs’ eigener…

NCIS: Secrets (9×15)

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Im Kielwasser der letzten Jubiläumsfolge, in der Gibbs (Mark Harmon) den eigenen Zweifeln und Schuldgefühlen begegnete und unterschiedliche Varianten seines Lebens durchspielen durfte, kommt Secrets mit der Frage herbeigeeilt: Was wäre, wenn Tony DiNozzo (Michael Weatherly) Wendy damals geheiratet hätte? Nein, NCIS spielt diese Möglichkeit nicht durch – konfrontiert aber den Zuschauer mit der Tatsache, dass genau diese Frage Tonys Kopf nie verlassen hat.

Sie bereitet ihm noch immer Schmerz. A man in pain: so beschreibt Ducky sowohl Tony als auch Gibbs. Nach dem Prinzip „wie der Vater, so der Sohn“ wiederhole Tony auf seine Weise Gibbs’ falsche Schritte, meint der Gerichtsmediziner. Gibbs hat immer wieder die falsche Frau geheiratet – Tony konnte sich gar nicht erst auf eine Frau festlegen: Jede konnte nur die falsche sein, weil er über Wendy nie hinwegkam.

Nun, jetzt gibt ihm ausgerechnet Gibbs die Möglichkeit, dieses Kapitel abzuschließen bzw. neu zu eröffnen. Über den Fall der Woche, der sich um Verbrechen bekämpfende Community-Aktivisten in Superhelden-Kostümen dreht, möchte eine Reporterin berichten. Ihr Name: Wendy (Perrey Reeves). Ja, sie ist die Frau, mit der Tony seit neun Jahren kein Wort gewechselt hat und die ihn damals – ohne Angabe von Gründen – direkt vor der Hochzeit sitzen ließ. In einer amüsanten Szene stellt Leon sie Gibbs vor: „Oh please tell me that you weren’t married”.

Schließlich ist es bei NCIS ein Running Gag, dass Frauen in Leons Büro auftauchen, die mit NCIS zusammenarbeiten und mit Gibbs entweder zusammen oder gar verheiratet waren… In diesem Fall jedoch geht es um eine verpasste Hochzeit, über die Tony nie hinweggekommen ist. Weil Gibbs das weiß, gibt er Tony die Möglichkeit, reinen Tisch mit sich selbst zu machen, indem er ihn während der Ermittlungen als Wendys Betreuer einsetzt. Diese Ermittlungen verlaufen voller Charme und Witz: Abbys Katzenverkleidung, Ray Wises Gastauftritt als mörderischer Immobilienmogul… und schließlich Tonys geflügelter Satz zu Gibbs, als die Real-Life-Superhelden eintreffen: Before you judge, just remember, if things had gone differently, this could have been McGee.

Man darf gespannt sein, ob es weitergeht mit Tony und Wendy, die mittlerweile geschiedene Mutter eines Sohnes ist. Sie sei bereit für Tony, sagt Wendy – aber ist Tony noch einmal bereit für sie? Oder wird er das Kapitel für sich abschließen, weil es ganz einfach zu spät ist? Eine NCIS-Episode, in der Michael Weatherly wirklich glänzen darf, indem er die ständig miteinander konfligierenden Emotionen wiedergibt. So bekommt die Episode selbst entsprechende Nuancen und wechselt zwischen Humor, Sehnsucht und Nüchternheit. Der mittlerweile schmerzlich vermisste Gibbs-Klapps besiegelt, so kann man sagen, diese gelungene Folge.

NCIS: Life Before His Eyes (9×14)

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Die Episode Nummer 200 ist nicht nur eine Jubiläumsepisode für das derzeit meistgesehene Drama im amerikanischen Fernsehen, sondern auch eine spezielle Episode für Leroy Jethro Gibbs (Mark Harmon). Er bekommt die Gelegenheit, sein Leben Revue passieren zu lassen und seinen Schuldgefühlen und Zweifeln in Fleisch und Blut zu begegnen. Außerdem sehen wir nach so vielen Jahren endlich, wo sich Gibbs immer seinen morgendlichen Kaffee holt…

Life Before His Eyes schaut mit einem weinenden und einem lachenden Auge auf die Ereignisse, die Gibbs’ Leben und damit die fiktionale Erzählung von NCIS geprägt haben. Es ist eine What-if-Episode, die der jahrelangen Treue der Fans Tribut zollt, indem Fan-Fiction und Lieblingsmomente der Fans über den Bildschirm flimmern. Außerdem feiert man damit die Erfolgsgeschichte der Serie und eine Entscheidung, die CBS nie bereuen musste. Was wäre, wenn NBC JAG behalten hätte?

Dann wäre es vermutlich gar nicht zu NCIS gekommen! Ebenso lässt sich über die Entwicklung innerhalb der Serie selbst philosophieren: Was wäre geschehen, wenn Caitlin überlebt hätte? Alles beginnt mit Gibbs’ Morgenkaffee im Diner und Hank Williams’ Song “I’ll Never Get Out of This World Alive”… und mit einem Mann, der plötzlich die Waffe auf Gibbs richtet und abdrückt, bevor Gibbs geschossen hat. Dann wird durch die komplette NCIS-Geschichte gespult. Sie läuft vor Gibbs’ und unseren Augen ab – und Gibbs findet sich wieder im Diner vor, mit der Kugel, die vor seiner Brust in der Luft hängt. Mike Franks (Muse Watson) kommt zu ihm und entfernt die Kugel mit der Anmerkung: You should’ve shot him.

Das Diner ist voller Menschen, die Gibbs nahe stehen; außerdem befinden sich seine Feinde dort, lebende und schon gestorbene, teilweise durch seine eigene Hand. Gibbs begegnet dem eigenen Anspruch, alles richtig zu machen, und dem Bedauern darüber, dass sein Leben nicht so ablief, wie er wollte. Aber wie wollte er es denn? Die Mischung aus Erinnerungen, Emotionen und Wunschdenken, gekoppelt an die Ereignisse der 24 Stunden vor Gibbs’ Diner-Besuch, macht die Episode so besonders. Mark Harmons Leistung braucht man nicht zu betonen; vor allem in den Szenen zwischen Gibbs und seiner Mutter bzw. seiner Frau und Tochter trifft die Intensität der Trauer mit der Wucht einer Scharfschützen-Kugel ins Ziel.

Wenn Gibbs Caitlin (Sasha Alexander) vor so einer Kugel gerettet hätte, dann… hätte sie eine gemeinsame Tochter mit Tony DiNozzo (Michael Weatherly)! Und wenn er damals Pedro Hernandes nicht erschossen hätte – nun, dann befände er sich dauerhaft dort, wo wir ihn oft gesehen haben: in seinem Keller. Aber als verbitterter Säufer, der auch die letzten Freunde von sich stieße, wie zum Beispiel das glückliche Ehepaar Abby / McGee. Wenn Gibbs’ Mädchen am Leben geblieben wären, wäre er nie zu NCIS, sondern in einem Militäreinsatz ums Leben gekommen.

Er hätte niemals jenen Einfluss auf das Leben Anderer ausgeübt, wie er es bei Tony und vor allem Ziva tut (die Tony im Verhör lustigerweise Tiva nennt). Jede Entscheidung, die man getroffen hat, beeinflusst andere Entscheidungen – und ganz egal, wie sehr man sich Gedanken darüber macht: Auch aus einer falschen Entscheidung gilt es das Beste für sich und andere herauszuholen. Genauso verfährt Gibbs in der letzten Szene, als die Handlung wieder zu ihrem Ursprung zurückkehrt: zur ersten Szene der Episode…
Life Before His Eyes ist eine melancholische Erinnerung an all die Geschichten, die die Fan-Herzen aufgewärmt und beschäftigt haben, und gleichzeitig ein Dankeschön, das man als NCIS-Zuschauer nur erwidern kann.

NCIS: A Desperate Man (9×13)

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In letzter Zeit war das Wort „unerwartet“ selten nötig in Reviews zu NCIS, aber die Ereignisse dieser Episode haben die Bezeichnung in meinen Augen verdient. Dies betrifft vor allem Zivas (Cote de Pablo) Freund Ray, besser bekannt als CIA-Ray. Für lange Zeit hielten die Autoren ihn offscreen, und seine Präsenz in Zivas Privatleben entwickelte sich spürbar zu einem Hindernis, das zu überwinden sie nicht bereit war – und auch nicht, etwas Anderes daraus zu machen. Fällt eine Entscheidung schwerer oder leichter, wenn man sich nicht so oft sieht?

Schon vor ein paar Wochen sprachen wir darüber, dass Ziva bisher durch die vielen Tony-lastigen Episoden dieser Staffel kaum in den Vordergrund gelangte – und wenn, dann leider in den etwas schwächeren Episoden, was in früheren Staffeln selten der Fall war. Es sah danach aus, als hätten die Autoren gar keine Pläne für sie und hielten aus diesem Grund sogar die Sache mit Ray auf Sparflamme. Nun, damit es jetzt vorbei – und NCIS macht einen guten Job darin, Ray mit dem Fall der Woche in Verbindung zu bringen und so Ziva und sich selbst zu einer Entscheidung zu zwingen.

Für ihn heißt das: Heiratsantrag – womit sich das Ganze für Ziva in ein Wechselbad der Gefühle verwandelt, denn dieser Antrag kommt für sie überraschender als jeder Hinterhalt, in den sie in ihrem Leben jemals geraten ist. Doch obwohl Ziva im Rampenlicht steht, erscheint mir die Episode als Ganze wieder einmal als Tony-Episode. Der Austausch zwischen ihm und McGee am Anfang der Episode ist nur das Aufwärmen in Sachen „Beziehungen“: McGee: You looking for love, Tony? Tony: In all the wrong places.

Tony (Michael Weatherly) übernimmt auch die Trauerarbeit mit Detective Burris, dem Witwer der niedergeschossenen Commander Burris, die anscheinend von Terroristen aus dem Nahen Osten verfolgt wurde. Als das klar wird und Ray Ziva aus dem Nichts den Antrag macht, keimt langsam der Verdacht auf, dass Ray in die Sache involviert ist. Der Zug eines verzweifelten Mannes, der seine Fehler wieder gut zu machen  versucht… Wiedergutmachen ist aber keine Liebe! Oder, Tony? Zivas Glück liegt nicht nur Tony am Herzen, sondern auch Gibbs (Mark Harmon).

Als Vaterfigur des Teams funktioniert Gibbs am besten aus dem Hintergrund heraus, von wo er zwar seine Agenten machen lässt, gleichzeitig aber ihre emotionalen Probleme und Schwankungen im Auge behält – wie bei der Ziva-Ray-Problematik. Nun, die ist am Ende der Episode Geschichte. Freie Bahn also für alle „Tiva“-Anhänger, denen das letzte Bild der Episode definitiv gefallen haben muss! Aber was ist mit Wendy, der Frau, die Tony damals fast heiratete?  Looking for love in all the wrong places?

NCIS: Housekeeping (9×12)

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Man hat sich schon gefragt, wie lange die NCIS-Autoren die Geschichte um Cole und die Morde an NCIS-Agenten wohl noch hinausschieben wollen. Denn seien wir mal ehrlich: NCIS braucht dringend einen handlungsübergreifenden Fall, der alle auf die eine oder andere Weise involviert. Natürlich genießt man als Langzeitzuschauer, wie ich schon in einem ausführlichen Artikel geschrieben habe, NCIS vor allem wegen der familiären Beziehungen zwischen den Figuren und den damit verbundenen Emotionen. Aber wenn die aufs Spiel gesetzt werden, ist NCIS am besten!

Mit Housekeeping kommt nun eine Episode, die genau so konstruiert ist: Nicht nur greift sie frühere Handlungsstränge auf, sondern zeitgleich auch „alte“ Gefühle, die nie vergessen wurden. Eigentlich finde ich es schade, dass der  Phantom-Eight-Plot hier so schnell zu einem Ende findet – wenn es denn so ist. Andererseits bewegt sich NCIS sehr nah am Procedural-Format und ist aus diesem Grund so aufgebaut, dass für den Zuschauer Plots regelmäßig abgeschlossen werden. Außerdem sieht es danach aus, als wollten die Autoren diesen Abschluss – vor allem zwischen Tony (Michael Weatherly) und E.J. (Sarah Jane Morris) – als Mittel zum Zweck benutzen, wozu wir gleich kommen werden. E.J.?

Wer gedacht hat, dass sie tot ist, liegt falsch – und die Geister der Vergangenheit drohen Tony und das Team zu holen. Der Navy-Commander James Barnsway wird erschossen aufgefunden, und alles deutet auf einen Auftragsmord hin. Aber galt der tatsächlich Barnsway? Es stellt sich heraus, dass er eine Begleiterin hatte. Eine blonde Frau, das Wort „Neapel“… und für Tony ist die Verbindung hergestellt, denn er hat sich anscheinend nie wirklich von E.J. Barrett verabschiedet. Warum aber hat sie, falls sie denn wirklich noch lebt, nie mit Tony Kontakt aufgenommen?

Die Antwort ist simpler, als man denkt: Weil sie auf der Flucht ist – vor einem gewissen Cole aka Stratton (ziemlich gut in der Rolle: Scott Wolf), der nach wie vor reinen Tisch zu machen versucht. Ich hätte mir gewünscht, dass NCIS etwas länger in einer verzwickten Geschichte aus Spionage, Politik und Verrat stecken bleiben möge; aber die Serie bleibt der eigenen Erzählung treu: nämlich der Erzählung davon, wie sehr die Teammitglieder aufeinander angewiesen sind und wie aus bestimmten Gefühlen mehr oder aber weniger werden kann. Außerdem gelingt ein versöhnlicher Abschied von einer Figur, indem Tony und E.J. im Safehouse allein gelassen werden, getrennt vom Rest des Teams.

Seit ihrem ersten Auftritt hinterließ E.J. gemischte Gefühle, sowohl on- als auch offscreen. Die letzten Minuten der Episode deuten nun aber an, dass der endgültige Abschied von E.J. (wenn es wirklich dabei bleibt) Tony und Ziva (Cote de Pablo) einander näher bringen wird… oder? Um Einiges unklarer erscheint in meinen Augen das Gespräch zwischen Gibbs und Cole, als Letzterer auf einen gewissen Ausflug anspielt, den Gibbs vor langer Zeit nach Mexiko unternahm. Steht dahinter nur Coles Art, Gibbs mit diesem Insiderwissen zu parodieren? Oder wird jenes vergangene Ereignis wieder aufgerollt?

NCIS: Newborn King (9×11)

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Zu Weihnachten Strickpullover – oder viel schlimmer: eine Strickweste – mit  Rentieren in sämtlichen Formen und Farben darauf geschenkt zu bekommen, gehört zu meinen schlimmsten Kindheitstraumata. Begleitet wurde die Rentier-Weste gewöhnlich von Hinweisen darauf, wie man ein besserer Mensch werden könne, nämlich indem man alles anders mache als bisher… Ähnlich ergeht es Palmer in Newborn King. Er bekommt Besuch von seinem zukünftigen Schwiegervater und gibt ihm eine Führung durch das NCIS-Gebäude.

Der Schwiegervater jedoch sieht sich bislang dezidiert als Vielleicht-Schwiegervater und hat an allem etwas auszusetzen. Vor allem an Palmer. Die Autoren tun gut daran, einen näheren Blick auf Palmer zu werfen, denn er blieb bisher irgendwie außen vor. Weihnachten ist ein passender Zeitpunkt, um ihn als Teil der NCIS-Familie zu präsentieren. Auch wenn die Geschichte mit dem Schwiegersohn, der sich letztendlich widersetzt und zu seiner Wahlfamilie steht, banal ist, geht sie in Ordnung.

Denn in der Weihnachtszeit ist Vieles banal. So wie der Fall der Woche um die schwangere Marinesoldatin, deren Kind als eine Art Mittelpunkt im metaphorischen und buchstäblichen Krieg der Welten fungiert. Immerhin bietet der Fall etwas Action an verschneiten und verlassenen Tankstellen, wo Ziva (Cote de Pablo) sich eine tödliche Schlacht mit den russischen Auftragskillern liefert, während Gibbs… Geburtshilfe leistet. Tod und Leben kommen gleichzeitig und unausweichlich, wenn man eine Wahl getroffen hat.

Tony DiNozzo (Michael Weatherly) scheint immer noch Probleme mit Entscheidungen zu haben; er kann nicht festlegen, was er will und wer er sein möchte. Don’t be like me, DiNozzo, schreit ihn Gibbs (Mark Harmon) in seinem Keller an, wo Tony am Ende der Episode auftaucht, während Gibbs ein rosa Kinderfahrrad in Stand setzt. Eigentlich hat Gibbs Tony Geburtshilfe geleistet, immer schon – und es sieht sehr danach aus, als wäre es an der Zeit, diesen Prozess abzuschließen. Vermutlich werden wir im Januar Tony auf dem rosa Fahrrad herumradeln sehen… It’s a boy! Oder doch ein Mann? Spaß beiseite: Frohe Weihnachten für alle NCIS-Fans – und beseelt von dem Wunsch einer Steigerung der CBS-Serie lesen wir uns wieder im neuen Jahr.

NCIS: Sins of the Father (9×10)

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Haben wir nicht schon darüber debattiert, dass NCIS in dieser neunten Staffel eine Art Best Of anbietet – mit Absicht oder ohne? Natürlich findet man in Procedural-Serien bestimmte Wiederholungsmuster; daran ist auch nichts Schlimmes, wenn mit der Wiederholung Variationen auftreten, etwas Neues über die Figuren mitgeteilt wird oder ein Problem gelöst wird, das in der Vergangenheit lauert.

Die Frage ist nur: Lässt sich jedes Problem zu einem Punkt bringen, an dem eine Lösung gefunden werden kann? Auf seine eigene Art und Weise erwähnt Tony ja immer wieder die Probleme, die er mit seinem Vater hat – bzw. er beschreibt auf Umwegen das Fehlen eines Vaters in seinem Leben. Mit Sins of the Father bringt NCIS Tonys Vater wieder ins Rampenlicht: Natürlich steckt er schon wieder in Schwierigkeiten. Dieses Mal aber darf DiNozzo Jr. nicht helfen. Denn DiNozzo Sr. wird schlafend hinterm Steuer eines Rolls-Royce aufgefunden… mit der Leiche eines Marineoffiziers und hohen Tiers der Immobilienbranche im Kofferraum.

Tonys Vater kann sich an nichts erinnern – um so klarer ist jedoch, dass der jetzt tote Lt. Massey ihm den Deal seines Lebens vermasselt hat. Also hat er ein Motiv und keine Erinnerung: keine gute Kombination! Obwohl Tony (Michael Weatherly) eigentlich an die Seitenlinie treten soll, bekommt er mit Abstand die meiste Screentime, denn Vaterprobleme hin oder her: er muss Senior helfen. Der Fall bietet an sich keine spektakuläre Geschichte, und für die Identität des Mörders muss – ja, wieder einmal – das Gaststar-der-Woche-Prinzip herhalten.

Wichtig in dieser Episode sind auch nicht Tonys kindische Versuche, von McGee oder Abby Details über den Fall zu erfahren – obwohl: Die Einführung des jungen Agenten Dornigan (Brandon aus Brealing Bad) als DiNozzo Sr.s Babysitter schien mir durchaus witzig und gelungen. Ebenso die Unterhaltung zwischen Tony und Gibbs: Auf Tonys Anfrage, wo sein Vater sei, erwidert Gibbs: „In autopsy“ – und sofort nimmt Tony an, Gibbs hätte ihn erschossen. Das Dreieck macht die Episode: Tony zwischen seinem leiblichen Vater und seinem Ersatzvater Gibbs. Aber er muss nicht wählen, sondern kann beide haben.

Gibbs selbst weist Senior auf Tonys Bedarf hin. Die Episode endet – und das ist klassischer NCIS-Stil – in Gibbs’ Wohnung: Für Tony unerwartet, sind beide Väter dort anzutreffen, und Senior hat die Küchenschürze umgebunden. (Fornell wäre an dem Punkt etwas eingeschnappt…) Alles in Allem eine warmherzige und amüsante Episode vor den zwei Wochen Pause, die die CBS-Serie einlegen muss.