In heutigen Lost-Zeiten scheint es kaum möglich, ein Staffelfinale als wunderschön zu bezeichnen, ohne sich Sprüche wie „Im Vergleich zu…“ einzuhandeln. Chuck ist nicht Lost, aber das Finale von Season 3.1. war sehr zufrieden stellend. Wie gewohnt werde ich hier keine Nacherzählung des Inhalts liefern, denn ihr habt die Episoden ja selbst gesehen! Lasst uns daher ein paar schöne Momente herauspicken und zusammen genießen: denn Chuck ist eine Serie, die man gemeinsam gucken sollte.
Wenn auch berühmt für Plotlöcher und Logikfehler: immer wieder schafft es Chuck, zielsicher die Emotionsbuttons der Zuschauer zu drücken und eine irgendwie familiäre Atmosphäre entstehen zu lassen. Gleichzeitig bedient man sich, vor allem im ersten Teil des Finales, klassischer Star Wars-Erzählschemata. Ich weiß, ich wiederhole mich: aber tatsächlich ist heutzutage ein Star Wars-Zitierhype in der TV-Landschaft zu beobachten. Durch Shaws Masterplan, CIA, NSI und Team Bartowski zu erledigen, scheinen unsere Helden chancenlos. Hinzu kommen die immer heftiger werdenden Wirkungen des Intersects auf Chucks Gehirn. Aber man hat Team B, das dem großen Sith Lord, als der Shaw hier – muss ich zugeben – sehr gut inszeniert wird, in Gestalt von R2-D2 und C-3PO (sprich: Morgan und Devon) die Stirn bietet. General Beckman gibt den nötigen Antrieb im Prinzessin-Leia-Style: Morgan, you’re our only hope.
Shaw hat das B-Team nicht auf der Rechnung, und sein Plan, Sarah, Chuck und Casey zu erledigen und dann die amerikanische Spy-Welt im Auftrag von The Ring zu zerstören, geht den Bach runter. Aber es sieht lange Zeit nicht so aus – und obwohl der geübte Serienzuschauer weiß, was Chuck für eine Art Serie ist und dass man nicht um die Hauptfiguren fürchten muss, bringt einen die erste Hälfte des Finales ganz schön ins Schwitzen. Oder aber zum Lachen! Dafür sorgt die grandiose Comedy von Devon und Morgan: zum Beispiel in der Szene in Caseys Auto, als sie sich streiten, wer die Waffen nehmen soll, und Devon Morgan nach dem Plan fragt – „There’s no plan. That’s never stopped me before.”
In den Reviews zur zweiten Staffel hatte ich immer als Nachteil hervorgehoben, dass man Joshua Gomez zu sehr im Hintergrund ließ – in dieser dritten Staffel sehen wir, was er für die Serie wert ist. In Chuck vs. The Ring, Part II wechselt Morgans Partner für die Comedy-Paarung: nun erleben wir Casey und Morgan in Höchstform! Morgan zu Justin und den Ring-Agenten: Reach for the sky, dirtbags! You people are the disease, and I am the cure. Casey: Back off there, Cobra, I didn’t give you any bullets. Sorry, aber das ist awesome!
Nun aber treten wir ein Stück zurück vom Lustigen und widmen uns dem Emotionalen: der Familie Bartowski. Nachdem sich herausgestellt hat, dass sich Shaw einen Doppelagentenstatus bei der CIA erschlichen hat und vor einer Komission nachweisen kann, dass Projekt Bartowski wegen Chucks Intersect-Störungen nicht mehr tragbar ist, realisiert Chuck während der Verhandlung, dass Shaw… selbst Intersect ist. Nun, der „Trick: Throw a sharp object at an Intersect if you want to out them“ zieht bei Shaw leider nicht: Chuck wird verhaftet. Dank Papa Stephen bzw. Orion kann er zwar fliehen.
Aber: Flucht ist kein Ausweg – man lässt doch die Menschen, die man liebt, nicht im Stich! Also lassen sich beide auf die Konfrontation mit Shaw ein, und der erschießt Papa Bartowski, da Chucks Intersect wieder versagt. Es ist schwer, sich von Scott Bacula zu verabschieden, da eine tolle Chemie zwischen ihm und Zachary Levi herrschte – er war definitiv eine Bereicherung für die Serie! Mit diesem Abgang haben die Autoren mich endgültig dazu gebracht, Shaw wirklich zu hassen und bis zum Ende des Finales zu grunzen: Kill, Cobra, kill!
Die Armbanduhr, die Stephen gerade für Chucks Intersect fertig gestellt hat, befindet sich nun in Shaws Besitz. Währenddessen erleben wir, wie sich auch Casey um seine Familie kümmert. Rührend, wie er Tag für Tag im Diner sitzt, wo seine Tocher Alex arbeitet, und immer dasselbe bestellt, ohne ihr je etwas zu sagen. Aber es ist an der Zeit: Als Justin Alex bedroht, kennt Casey keinen Halt mehr, und Justin lernt den Serviettenhalter aus der Nähe kennen. Was Casey freilich nicht verhindern kann: dass Alex… Morgan kennen lernt! Später, während der Mission gegen Shaw, realisiert Casey, dass Morgan die Telefonnummer seiner Tochter hat…
Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr! Als Vater zweier Töchter ist auch mir bei Zuschauen ein Knurren entwichen… Soll man nun Caseys späteren Rat an Morgan, als Shaw ihn im Buy More fesselt und einsperrt, um das Ganze in die Luft zu jagen, als Rat eines Kollegen oder eines Vaters verstehen? „Du sollst deinen Daumen brechen, um dich zu befreien!“ Und Morgan tut es! Es war zwar umsonst, aber er kann seinen Kollegen (und Vater von Alex) beeindrucken.
Noch beeindruckender ist natürlich Jeffsters Musikvideo: Blaze of Glory (Soundtrack „Young Guns II“) auf allen Buy More-Bildschirmen, während Chuck gegen Shaw kämpft. Der Kampf selbst hat mich zwar etwas enttäuscht, aber Chucks The Matrix-Spruch rettet am Ende das Ganze: Sorry, just had to reboot. Diesen Reboot bekommen wir in ausgeblichenen Flashbacks zu sehen: Im Kampf gegen Shaw schöpft Chuck seine Kraft aus dem Ur-Intersect, den Stephen damals baute, als Chuck noch ein Kind war und den Klein-Chuck versehentlich herunter lud.
Genauso versehentlich lässt Morgan (mit gebrochenem Daumen) am Ende Shaws Detonator fallen – und das Buy More wird in die Luft gejagt! Pressemeldung: Verantwortlich für die Explosion seien Jeff und Lester, die sich auf der Flucht befinden! Das kann interessante B-Storylines in Staffel vier geben: mit den beiden als Flüchtlingen… Die Chuck-Autoren lassen uns nicht nur mit einer schönen Familienfeier in der Casa Bartowski und diesem Cliffhanger zurück, sondern der verstorbene Orion zaubert einen weiteren aus seinem Nachlass. Nämlich eine Nachricht an Chuck, die ihn in Orions Geheimarchiv führt und die Bitte enthält, die Arbeit fortzusetzen – die Orion nur für einen einzigen Menschen auf der Welt tat: für Mama Bartowski!