Es geht weiter mit drei Serien, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber das kunstvolle Kreieren von TV-Bildern gemeinsam haben: CSI, Firefly und Mad Men.
Im letzten Teil dieser Reihe waren wir dabei, uns über die Beschaffenheit der „CSI: Crime Scene Investigation“-Bilder zu unterhalten. Diese Besprechung wird jetzt fortgesetzt. Vielleicht fragen sich manche, warum „CSI: Crime Scene Investigation“ so viel Aufmerksamkeit bekommt. Nun: „CSI: Crime Scene Investigation“ löste nicht nur den Procedural-Boom aus, sondern legte extrem großen Wert auf die visuelle Gestaltung des Bildes; so bot die Serie ein Experimentfeld für Regisseure und Kameraleute wie zum Beispiel Michael Slovis, der für seine Arbeit bei der forensischen Serie einen Emmy erhielt, bevor er mit „Breaking Bad“ und „Rubicon“ weitere faszinierende visuelle Welten schaffen durfte. Laut Aussagen mehrerer Regisseure arbeitet „CSI: Crime Scene Investigation“ sehr bewusst mit bestimmten, sich wiederholenden Bildkompositionen:
Die Dreiecksstruktur des Bildes ist ein visuelles Merkmal, das in „CSI: Crime Scene Investigation“ die zentrale Aufgabe erfüllt, unseren Blick “gefangen” zu halten. Der Zuschauerblick wird innerhalb eines Dreiecks positioniert bzw. gelenkt. Zwei Arten der Dreieckskompositionen sind vertreten, je nach “Besetzung” der Eckpunkte: aus Figuren oder aus Kombinationen von Figuren und Lichtquellen.Eine um eine Möglichkeit erweiterte Komposition findet sich in der vierten „CSI: Crime Scene Investigation“-Staffel. Das erste Dreieck bilden die Figur, die unserem Blick gegenüber sitzt, und die zwei Lampen. Unsere eigene Position, unser Blick bildet die Spitze des zweiten Dreiecks im Bild – die anderen zwei Spitzen sind wieder die Tischlampen. Dreieck Nummer 3 wird durch die Positionierung der drei Figuren gebildet. So ist unser Blick geradezu materiell in das Bild involviert, er ist mit eingeschrieben.
Auf diese Art und Weise ist der Zuschauerblick ein wichtiger Bestandteil der Bildbalance und der Bilddynamik.Die Bildkomposition bei „CSI: Crime Scene Investigation“ ist nicht durch und durch stilisiert, sondern auch ausbalanciert – in den meisten Fällen mit besagten Dreieckskompositionen. Eine andere interessante Licht-Figuren-Komposition findet sich in der dritten Staffel, als sich Grissom (William Petersen) bei Lady Heather (Melinda Clarke, „Nikita“) befindet. Wieder wird qua Licht ein Dreieck gebildet. Interessanterweise stellt diesmal das zweite Dreieck eine Spiegelung des ersten dar: Es befindet sich im Hintergrund der linken Bildhälfte, eingerahmt im Spiegel. Die Blicke der beiden Figuren und das glühende Licht dazwischen bilden die Spitzen dieses Dreiecks. Diese Komposition – die Kamera bleibt für einen Moment bei der Einstellung stehen – impliziert eine glühende Verbindung zwischen den beiden.Wenn es aber um visuelle Beschaffenheit geht, verbindet man „CSI: Crime Scene Investigation“ meist mit der farblichen Gestaltung.
Kameramann Christopher Doyle („Hero“) brachte in einem Interview die Tatsache auf den Punkt: Man kann eine Geschichte mittels Farben erzählen. Die Farbkompositionen gehören zu den prägnantesten visuellen Elementen von „CSI: Crime Scene Investigation“, die eine zentrale narrative Funktion erfüllen. Farben werden bei „CSI: Crime Scene Investigation“ auf etliche Arten manipuliert: im Zuge der Post-Production ebenso wie während der Dreharbeiten mit Hilfe von Farbfiltern und Farblicht. Auch die Setgestaltung (Räume, Objekte im Raum, Figuren im Raum) wird mit Hinblick auf die Farbpalette einer Szene konzipiert.Wenn man an „CSI: Crime Scene Investigation“ und Farben denkt, fällt einem zuallererst die farbliche Kodierung der unterschiedlichen Plots im Rahmen einer Episode ein: Farbe wird gezielt eingesetzt, um die Narration zu strukturieren. Die Plotgestaltung in Farbe wird meistens schon im Drehbuch festgehalten. Beispielsweise vermerkt das Drehbuch zur Episode „Viva Las Vegas“ (St.5, Ep.1) die Daten zu den Dreharbeiten der vier Plots dieser Episode auf der ersten Seite, zusammen mit der jeweiligen farblichen Kodierung: „Full Blue, Pink, Yellow-Red, Green“.
Diese Episode stellt ein sehr beeindruckendes Beispiel für die ästhetisch-narrative Funktion der Plotfärbung dar. Im Teaser werden vier unterschiedliche Szenen mit vier unterschiedlichen Farbpaletten dargestellt. Die sehr komplexe Bild- und Narrationschoreographie wird einzig und allein von den Farben zusammengehalten.Spätestens seit Staffel drei sind farbliche Zentren zu erkennen, die den Langzeitzuschauern der Serie immer wieder einen Bezugspunkt anbieten; so wird z.B. die “Base” der Laborräumlichkeiten als konstantes farbliches Zentrum der Serie etabliert (etwa Gils Büro), indem man sie konsequent in Blau hält. Die Entwicklung des visuellen Stils der Serie über die Staffeln hinweg hin zu einem stimmigen, funktionstüchtigen visuellen Gesamtkonzept ist gleichzeitig ein Spiel aus Basis und Variation. Auch Possible-worlds-Farbinszenierungen werden bei „CSI: Crime Scene Investigation“ auf ähnliche Weise eingesetzt wie im erwähnten Film „Hero“: nämlich um – wie in St.6, Ep.21 – die unterschiedlichen Blickwinkel unterschiedlicher Figuren zu kennzeichnen, die wiederum bestimmte Charaktereigenschaften dieser Figuren betonen.
Der realitätsnahe, dokumentarische, ja sogar wissenschaftliche Bildstil der früheren Staffeln, der dafür sorgte, dass viele Objekte und die Raumbeschaffenheit ihre Form, Textur und Farbe behielten und einer grauen Färbung unterzogen wurden, wurde spätestens in der dritten Staffel verdrängt durch die Herrschaft der blauen Farbe über die Bildoberfläche.Die visuelle Gestaltung bekam eine eigene Rolle im CSI-Universum – sie darf mit erzählen und Gefühle und Emotionen erwecken. Das bietet unserem Blick nicht nur eine ästhetische Qualität, d.h. ist nicht nur “schön”, sondern besitzt auch einen Wiedererkennungswert, der uns immer auf die Funktionalität der Farben und auf ihre „CSI: Crime Scene Investigation“-Geschichte hinweist.
Firefly
„I love spaceships and I always wanted to make a show set on one“, sagt Joss Whedon, der Schöpfer von „Firefly“. „To me, the future is going to be like the past: a life that’s difficult and full of people scraping to get by and trying to find meaning.“ Die Serenity-Crew will vor allem eins: die Möglichkeit und Freiheit, nach diesem Sinn zu suchen. „You can’t take the sky from me“, lautet ein Satz aus dem Vorspann-Song, komponiert von Whedon und Greg Edmonson.
„Firefly“s Freiheit ist die Freiheit des Sich-Fortbewegens. Die Crew ist nicht auf der Suche nach einem Zuhause: das nämlich haben sie – in dem Schiff Serenity. Aus diesem Grund wirken Einrichtung und Atmosphäre der Serenity längst nicht so steril und klaustrophobisch, wie wir es aus so vielen Sci-Fi-Produktionen kennen, sondern heimelig: home-like. Serenity – von Kaylee als „my girl“ bezeichnet – ist letztendlich der Haupthandlungsort in „Firefly“. Entsprechend bemühte sich die Produktionscrew, Whedons Vorstellungen in Bildern zu übersetzen: „Beat-up but lived-in and ultimately, it was home.“ Das Schiff Serenity verkörpert nicht nur das thematische Zentrum der Serie, sondern auch die wichtigste Inszenierungsebene für die Figurengeschichten.„Firefly“ wurde fast ausschließlich mit Handkameras gefilmt; Kameramann David Boyd versuchte stets, möglichst nah am Geschehen zu sein und den Bildern teils dokumentarischen Charakter zu verleihen. Auch „lens flares“, typisch für das Fernsehen der 70er Jahre, wurden eingesetzt. Man strebte “unvollkommen” wirkende Bilder an: manchmal nicht ganz im Fokus, nicht ausbalanciert oder gar – anhand der Positionierung von Figuren – bestimmt von zufälligen Konstellationen. Im Vergleich zu anderen im Sci-Fi-Umfeld angesiedelten Produktionen fällt zudem der fehlende Sound bei Aufnahmen im Weltraum auf: Es herrscht absolute Stille, die, gekoppelt an Handkamera-Simulationen, ein fast dokumentarisches Vakuum erzeugt.
Als Whedon und Boyd den visuellen Stil der Serie festlegen wollten, diskutierten sie viel über Western wie „Heaven’s Gate“, „The Searchers“, „McCabe & Mrs. Miller“, aber auch Jules Vernes Bücher und Comic-Art. Joss Whedon selbst beschreibt die „Firefly“-Welt als eine Kombination aus Horror, Science Fiction und Western bzw. als ein „Western Noir“ mit „a kind of a Hong Kong sensibility“.
Die zwei Serenity-Sets waren miteinander verbunden, so dass kontinuierliche Bewegung möglich wurde; ensprechend konnte die Kamera der Action nahtlos folgen. „Compositionally, we find things rather than frame things. We allow ourselves to operate behind the action rather than to anticipate it“, sagt Boyd.Generell bildet die Serenity als Ort der Inszenierung den Dreh- und Angelpunkt narrativer Fäden, die anhand von Beleuchtung, Farbe, Tiefe und Komposition aufgenommen und wieder fallen gelassen werden. Beispielsweise bildet die Brücke mit den seitlichen Treppen in Serenitys Laderaum, wo oft Handlung stattfindet, ein Dreieck mit ausgeprägten Diagonalen und Schattenmustern, die das Bild intensivieren. Sie dienen auch dazu, eine Figur symmetrisch einzufangen und ihr dadurch Stabilität zu verleihen.
Wenn die Horizontalen der Brücken (nicht nur im Laderaum) im Hintergrund zu sehen sind, korrelieren sie bei Close-Ups und Medium-Shots von Figuren oft mit deren Mündern oder Augenpartien und zwingen so regelrecht die Aufmerksamkeit des Zuschauers darauf. Figuren und Hintergrund als deren Beschreibung sind „Firefly“s Markenzeichen – Zoë und Wash als Liebende werden oft in Türen oder Durchgängen eingerahmt. Simon, der sich als talentierter Arzt erweist, wird am Anfang vor flachem Hintergrund und selten im Zentrum des Bildes gezeigt; auch die Farben seiner Bekleidung “entfremden” ihn.Chefbeleuchter Dennis Peterson und Kameramann Boyd sorgten dafür, dass innerhalb der Serenity-Räume ein spektakuläres Spiel von Licht und Schatten stattfand, indem sie eine ganz andere als die normale Herangehensweise bevorzugten: Streckenweise ließen sie die Schauspieler sich selbst beleuchten, indem diese ihren Bewegungsraum innerhalb einer Szene beliebig nutzen durften, nachdem die Beleuchtung schon feststand.
Das fordert die Schauspieler nicht nur zur Improvisation auf, sondern schafft eine bewusst zufällige, nicht perfekte Ausleuchtung – und führt dazu, dass man von einer Szene unterschiedliche Aufnahmen zur Auswahl hat.Außerdem platzierte man Lichtquellen nicht unbedingt “unsichtbar”, sondern ließ sie im Bild; ihre Effekte wurden dafür nachbehandelt, teilweise nicht nur mit Farbe, sondern auch mit Schmutz und Dreck, so dass der Eindruck fehlender Funktionalität entstand. Zusätzliche Beleuchtung strömte durch die Schiffswände selbst, um eine nahezu organische Atmosphäre zu kreieren. Die Beleuchtungscrew suchte lange nach einem lichtdurchlässigen Material für die Schiffswände, um solch diffuse Beleuchtung zu erzeugen, eine Art Glühen innerhalb der Räume.
Überdies gewährleistete das Bemalen der Wände in unterschiedlichen Farben, die Farbgebung verschiedener Szenen kontrollieren und zu narrativen Zwecken einsetzen zu können. Denn Farbe spielt eine große Rolle innerhalb der „Firefly“-Erzählung. Jeder Bereich in Serenity besitzt eine eigene Tönung: Der Essraum ist in weiches Gelb getaucht, die Gänge sind blau und der Maschinenraum rot. Durch die Verbindung zwischen den Räumen auf den Sets kann man bei Aufnahmen von einem in den nächsten Raum blicken, so dass das Bild durch unterschiedliche Farbtönungen Tiefe bekommt und die Zuschauer sich in ihm orientieren können.Das beste Beispiel für „Firefly“s Farbenspiel bietet die Episode „Out of Gas“.
Sie entfaltet sich nicht nur anhand einer non-linearen Erzählung, sondern mit Hilfe unterschiedlicher Farbpaletten. Man wechselt zwischen Grün, Sepia-Gelb und Blau, um die unterschiedlichen Zeitabschnitte zu präsentieren und zu interpretieren. Denn Mals Flashbacks, wie er damals Serenity kaufte und seine Crew zusammenstellte, sind von Licht durchströmt.Das Licht lässt sich auf jedem Detail nieder; das sepia-gelbe Leuchten der Bilder kreiert eine Atmosphäre der Unbesorgtheit, der Aufbruchsstimmung. Damit korrespondiert die Szene aus der nahen Vergangenheit, in der die Crew in warmes gelbes Licht getaucht am Tisch sitzt und entspannt über Books (Ron Glass) Klostergeschichten lacht. Die Farbe wechselt zu Grün, als die Situation später immer gefährlicher wird. Und das Bild aus der Gegenwart, in der sich Mal mühsam Schritt für Schritt durch die Räume quält, ist in kaltem Blau gehalten.
Die musikalische Begleitung enthält ein Thema, das von den Machern „sad violin“ genannt wird und eigentlich immer mit dem Tod einer Figur in Verbindung steht. Wir erinnern uns: Das Thema erklang auch, als Mal (Nathan Fillion) Simon (Sean Maher) anlog, Kaylee (Jewel Staite) sei tot, und damit eine auditive Täuschung für die Zuschauer schuf. Im Fall von „Out of Gas“ wird mit Musik und Farbe (die blaue Erzählung) Unausweichlichkeit orchestriert: ein Zustand der Trauer um die Serenity, die leblos im Weltraum schwebt. Die gleiche Trauer übrigens, die „Firefly“-Fans seit vielen Jahren empfinden, seit diese aus jedem Blickwinkel “besondere” Serie abgesetzt wurde!
Mad Men
Die Kamera verweilt – und mit ihr, mit den Blicken von Don (Jon Hamm) und Roger verweilen wir – bei den verlassenen Räumen von Sterling & Cooper. Ein letzter Schwenk zum Abschied. Die Kamera zieht sich zurück. „Mad Men“, so wie seinerzeit „Twin Peaks“, betreibt in vielen Episoden – oder zumindest in vielen neuen Szenen innerhalb einer Episode – eine ähnliche Führung des Zuschauerblicks. Die Szenen eröffnen mit einer Nahaufnahme entweder von einem auf den ersten Blick unwichtigen Gegenstand im Raum oder von dem Körperteil einer Person. Danach schwenkt die Kamera ab – meistens nach rechts -, zieht sich ein wenig zurück und gibt den Blick auf die komplette Szenerie frei. Diese Aufnahmen dienen nicht so sehr der Informationsübermittlung, sondern mehr dem Erschaffen von Stimmung: von der Atmosphäre, die dann die ganze Szene dominiert. Man kann dieses Verfahren “Vom Detail zum Ganzen” nennen.
Ähnliche Kamerafahrten schließen auch viele Szenen in Sterling & Cooper ab. Oft wird eine Figur, die entweder auf einer Couch oder hinter dem Schreibtisch sitzt, in Close Up oder Medium Shot gezeigt. Dann entfernt sich die Kamera langsam nach rückwärts und lässt die Figur allein – klein und einsam, eingerahmt von den Vertikalen der Türen. Das Bild erlangt dadurch enorme Tiefe, da oft ein heller Fleck (meist ein Fenster) den Fluchtpunkt bildet, und unterstreicht dadurch das Gefühl der Einsamkeit und Isolation.Kameramann Phil Abraham erhielt vier Emmy-Nominierungen für „The Sopranos“, bevor er sich der visuellen Umsetzung von „Mad Men“ widmete. Der Pilot wurde hauptsächlich on location in New York gedreht; für die restlichen Episoden zog man nach Los Angeles um. „On any series, there’s a visual grammar that has to be maintained from show to show, and the cinematographer and production team usually provide that continuity while the directors come and go“, sagt Abraham.
Abraham arbeitete mit Regisseuren wie „The Sopranos“-Veteran Alan Taylor, Frank DeMarco, Steve Mason, Bill Roe. Setgestaltung, Farbgebung und Beleuchtung waren stark beeinflusst von der Photographie, dem graphischen Design und der Architektur der Zeit, in der die Serie spielt. Vor allem die Designs von Skidmore, Owings & Merrill dienten als Beispiel für die Gestaltung der Office-Räume in „Mad Men“. Sie sollten glänzend und schick aussehen und nicht spießig und muffig, sagt Abraham. Veränderungen des Designs im Laufe der Serie ergeben sich aus den schnellen Veränderungen der Welt, in welcher die Figuren ihr Leben zu meistern haben.„Mad Men“ wird prinzipiell mit zwei Kameras gefilmt, wie es bei vielen heutigen Produktionen der Fall ist; hier aber kommt, laut Produzenten, Kamera B seltener als gewöhnlich zum Einsatz – wenn, dann für außergewöhnliche Aufnahmen wie zum Beispiel Close-Ups von Gesichtern oder aber für spezifische Winkel, die das Licht anders auf die Anwesenden fallen lassen.
Steadicam und Handkamera werden nie eingesetzt, denn die „Mad Men“-Produzenten empfinden verwackelte Bilder als unpassend für die visuelle Ästhetik der Zeit, über die erzählt wird.Mad Men“ fällt durch den häufigen Einsatz von Low-Angle-Aufnahmen (Untersicht) auf, die die Macht und Dominanz der gezeigten Figuren unterstreichen. Aber auch bei “normalen” oder den so genannten Walk-and-Talk-Aufnahmen bleibt die Kamera etwas unter der Standardhöhe. Laut Abraham hat diese Art des Filmens nicht immer eine tiefgründige Bedeutung, sondern hat sich von Anfang an etabliert – und alle an der Serie Beteiligten fanden die so aufgenommenen Bilder einfach nur “schön”.Der besondere und sehr klar definierte Gebrauch von Licht ist vermutlich die wichtigste visuelle Waffe, die der Erzählung und den involvierten Figuren zusätzliches Gewicht verleiht. Man sieht, dass in Sterling & Cooper fast ausschließlich fluoreszente Deckenbeleuchtung benutzt wird. (Bei Nahaufnahmen von Figuren kommt zusätzlich diffuse Seitenbeleuchtung ins Spiel, um ihre Gesichtszüge zu betonen.)
Der hauptsächliche Grund für diese Beleuchtung liegt darin, dass das saubere – also nicht, wie in vielen heutigen Serien üblich, mit Grün oder Blau gefilterte – weiße, fluoreszente Licht sehr farbgetreu seine Funktion erfüllt und dem Bild Balance verleiht, was typisch ist für Produktionen der 60er und 70er Jahre. Um diese Balance zu gewährleisten, benutzen die Produzenten sehr oft Vertikalen im Bild – etwa Tür- und Fensterrahmen, die das Bild in zwei gleiche Hälften aufteilen, in welchen sich jeweils eine Figur befindet. Das geschickte Positionieren von Lichtquellen hinter den Plexiglaswänden illuminiert geradezu den Hintergrund einer Szene.Insgesamt gesehen, wechselt die Serie von helleren Bildern in der ersten Staffel zu generell dunkleren in der zweiten (und wieder helleren in der vierten), wo viele Szenen in geschlossenen Räumen oder nachts stattfinden und als Beleuchtung nur Steh- oder Wandlampen benutzt werden. Auch das Zuhause der Drapers wird immer dunkler, je nach Entwicklung der Erzählung; die relativ kleinen Räume, die anfangs mit Hilfe kleiner, natürlicher Lichtquellen geschickt “vergrößert” wurden, scheinen immer enger zu werden: Buchstäblich scheint den dort lebenden Figuren “die Decke auf den Kopf zu fallen”.
Die ständige Bewegung der Erzählung, die Verschiebungen und Veränderungen im Leben der Protagonisten werden oft mit Hilfe von Szenen-Überlappungen realisiert, zum Beispiel in der Episode „The New Girl“, für die Kameramann Christopher Manley die Emmy-Nominierung erhielt: In zwei Flashbacks wird gezeigt, was mit Peggy (Elisabeth Moss) seit der Feststellung, dass sie schwanger ist, geschah.Die eine Szene geht hier in die nächste über: Peggy geht in ihrer Wohnung den Korridor entlang, öffnet die Tür des Zimmers, kommt herein und schließt sie mit dem Gesicht zu uns; in einer langsamen Überblende verwandelt sich die Vertikale der Tür in die unscharfe Vertikale eines Fensters, das den Platz der Tür im Bild einnimmt. Wir sehen Peggy liegend und hören eine männliche Stimme (eines Arztes) über ihre Situation reden. Dies ist ein Flashback, das uns zwei Jahre zurück versetzt. In einer weiteren Szene, später in der Episode, sitzt Peggy auf der Couch; die Kamera schwenkt zu einem Stuhl und bewegt sich dann auf der Diagonale nach rechts oben, so dass die Stuhllehne (mit dem Rücken des darauf sitzenden Mannes) den Bildschirm verdunkelt – aber die Bewegung setzt sich fort, und am oberen Ende der Diagonale taucht Peggy auf, im Bett liegend. Ein weiteres Flashback: Don besucht Peggy im Krankenhaus…
Über „Mad Men“s visuelle Kunst müsste man, wie auch über etliche andere Produktionen, ein ganzes Buch schreiben, um ihnen gerecht zu werden. Ich werde im späteren Verlauf der Reihe gewiss wieder auf die AMC-Produktion zu sprechen kommen.