Am Anfang dieser vierten Episode sehen wir, wie John im Lagerhaus auf dem Kistenberg mit dem Geld seelenruhig auf seine zwei Partner, Chris und Marcus, wartet. Als sie eintreffen, will er ihnen ihre Anteile geben, aber wie aus dem Nichts verpasst ihm Chris einen Schlag mit einem Metallrohr. Alles verwischt… und es ist wieder August. So beginnt das Finale der BBC-Serie – an dem sich die Zuschauergeister scheiden dürften, je nachdem, wer was von der Serie erwartet hat. Ich persönlich finde den Abschluss recht gelungen. Bis auf eine kleine Sache: Zu offensichtlich legte man uns Zuschauern vor allem Johns (Steven Mackintosh) Motivation nahe, zu stark wurde sie betont – zum Beispiel mit der The-Gruffalo-Story. Dabei hatten wir uns ohnehin schon Gedanken darüber gemacht, warum sich John zu dieser Tat entschlossen hat. Johns Monolog vor Chris hätte hier ausgereicht: I have wasted so many years being scared you have no idea. Nothing in this world is gonna frighten me again! This is what I wanted… this is what I stole… This, man! Being rich didn’t matter, getting away with it didn’t matter – I just couldn’t go back to being him!
John wollte ein anderer Mann sein: ein Mann, so, wie er seiner und auch Kirstys Vorstellung nach sein soll. In einem Interview beschreibt einer der Inside Men-Autoren Johns Situation als einen Prozess, in dem ein “Beta”-Männchen zum Alpha werden will. Natürlich geht ein solcher Prozess nicht so schnell vonstatten: nicht von ungefähr also zeigt uns Inside Men eine Handlung über mehrere Monate, wenn auch in rasantem Tempo!
Was den Ablauf des Überfalls betrifft, muss man der Serie ein Kompliment aussprechen: Obwohl wir eigentlich wissen, wie das Ganze ausgeht, tropft die Spannung nur so vom Bildschirm, wie die Schweißtropfen der Beteiligten ihren Weg Richtung Boden suchen. Am Boden bleiben oder vom Boden abheben: So kann man im Grunde die drei Männer beschreiben und das, was sie mit ihrem Überfall erreichen. Zwar fährt Inside Men nicht mit derart spektakulären Wendungen oder einem solchen Finale auf, dass die Zuschauer mit offenen Mündern sitzen bleiben; doch die BBC-Produktion bietet eine Antwort auf die grundsätzliche Frage, die man sich bei solchen Erzählungen stellt: Werden John, Chris und Marcus davonkommen? Diese Antwort lautet: Ja!
Alle drei befriedigen letztendlich das Begehren, das sie in erster Linie zu diesem Schritt führte. Dieses Begehren richtete sich bei keinem der Verschwörer auf Reichtum; vielmehr fungiert das Geld als die eigentliche Maske: Chris wollte eine normal funktionierende Familie, Marcus wollte mehr als ein Pantoffelheld sein und John gar ein neuer Mann.
Die Betrachtung des Überfalls aus den Blickwinkeln aller Figuren lässt eine herausragende Mischung aus Action, Spannung und Emotion entstehen. Und die Betonung liegt auf Emotion: Die Kamera zeigt uns die unterschiedlichen Figuren ohne Masken, obwohl wir sie mit den Augen der Geiseln wiederum maskiert sehen.
Wir wissen auf diese Art und Weise, wer gerade was tut und wie dieses Tun auf die jeweilige Person wirkt. So erfahren wir, woher Chris’ Wut auf John kommt und warum Chris die Komplizen der Polizei verpfiff. Chris (Ashley Walters) nämlich sollte ursprünglich gar nicht beteiligt sein, nachdem der erste Anlauf schief ging – aber zur falschen Zeit war er am falschen Ort. John wollte ihm die Todeskugel verpassen, als Chris verletzt am Boden lag, was Marcus (Warren Brown) im letzten Moment verhinderte.
Am Ende kann Marcus – frisch verheiratet mit Gina und mit “ein bißchen Geld” in der Tasche – in den Sonnenaufgang fahren, während Chris bei Dita und dem Baby Geborgenheit findet. Und John?
Er fährt zur Arbeit. Er fährt mit einem Lächeln im Gesicht dorthin zurück, wo alles begann – aber als ein Anderer…