Ronin Gibbons antwortet auf Teresas Attacken mit einem Rückschlag unter die Gürtellinie, aber wird ihn seine Überzeugung von dem eigenen Tun vor dem Fall retten können?
Während manche The Chicago Code für die Langsamkeit der Serie kritisieren, behielt sie in meinen Augen immer gut die Balance zwischen dem Schritt nach vorne und diesem zurück. Die FOX-Serie arbeitete geschickt aus der Vergangenheit der Figuren heraus und lieferte gleichzeitig neue Situationen, die ihr Leben und genau den Blick zurück in ihre Vergangenheit veränderten. Darin liegt auch die Stärke des Finales, in dem ein Spiel zwischen Vergangenheit und Gegenwart tobt. Obwohl zugegeben Mike Royko’s Revenge teilweise überhastet wirkt.
Vincent Wysocki ist ausgerechnet diejenige Figur, die Ronin Gibbons zum Fall bringt.
Aber dafür zahlt die Familie Wysocki den Preis. The Chicago Code zeigt uns, dass bei solchen Korruptionsskandalen keine einfache Lösung gibt, sondern immer ein Dominoeffekt eintritt. Diejenigen, die den fallenden Steinen ausweichen können, sind die Gewinner, wenn auch nur kurzfristig. Am Anfang der Episode sehen wir, wie Ronin Gibbons (Delroy Lindo) immer noch die Richtung der fallenden Steine verändern will, so dass sie Teresa und nicht ihn unter sich vergraben. Jarek Wysocki (Jason Clarke) soll dabei für Gibbons die Steine aufhalten, damit dieser Zeit bekommt, um eine standhafte und permanente Wand um sich herum aufzurichten. Jareks Belohnung ist die Wahrheit über seinen Bruder Vincent.
Gibbons rechnet mit Jareks Gradlinigkeit und seinem Verharren in der Vergangenheit, in der das Wysocki-Familienleben noch im gewissen Sinne intakt war. Gleichzeitig vergisst Gibbons selbst in diese Vergangenheit einen Blick zu werfen, in die Zeit, als er noch nicht alles und alle unter Kontrolle hatte. Er ist zu sehr auf die Gegenwart konzentriert. Der Blick in die Vergangenheit von Gibbons war bisher, begleitet von seinem Voice-Over, immer ein Blick voller Überzeugung von den guten Taten, die er in Chicago vollbracht hat. Sein fester Glaube an die eigene Richtung lässt ihn auf den Bahngleisen seelenruhig entlang gehen, mit der Sicherheit, dass ein kommender Zug das andere Gleis nehmen wird. Die Wahrheit um Jareks Bruder erweist sich als die Schaltzentrale, von der aus die Weilchen für die Zuggleise gestellt werden.
Vincent war ein dreckiger Cop und nahm Schmiergelder sowohl von der russischen als auch von der irischen Mafia an, aber nutzte seine Lage, jenseits bürokratischer Arbeit, dafür, an Informationen über alle und jeden zu gelangen, unter anderem auch über Roning Gibbons. An Vincent Wysockis Geschichte demonstriert The Chicago Code exzellent den Kern der eigenen Thematik, nämlich der Beschäftigung mit der grauen Zone. Wie soll man eine Stadt „sauber“ bekommen, wenn nur „dreckige“ Deals dazu führen können? Ist das Bestrafen eines vermeintlichen Polizistenmörders wichtiger als die Überführung eines Politikers, der für die Stadt auch Gutes getan hat? Nachdem Gibbons die ihm ergebene Lily dazu bewegen kann vor allen Augen Killian zu erschießen, steht Teresas Fall am Abgrund.
Gleichzeitig findet The Chicago Code die Zeit, uns noch einmal vor Augen zu führen, dass Teresa (Jennifer Beals) auf ein ganzes Leben verzichtet, nämlich ihr eigenes, um ihren Job gut zu machen. Übrigens die Szenen zwischen Jennifer Beals und Adam Arkin (als FBI Special Agent) sind voller Charme, gleichzeitig humorvoll und voller Trauer. Eine der besten Szenen von Jennifer Beals, überhaupt im Verlauf der Serie, ist die allerletzte, als sie mit einem Unbekannten, der sich in Chicago wegen einer Tagung aufhält, in einer Bar flirtet. Trauer und Einsamkeit vermischen sich mit der Überzeugung dieses Leben selbst gewählt zu haben und hinter der Entscheidung zu stehen.
Die wirklich zufrieden stellenden Minuten im Serienfinale sind jedoch die während der Gibbons Verhaftung vor den Augen der Öffentlichkeit durch Teresa und Jarek. Der Abschluss unter den Klängen von “I Dream of Chicago” von Parlours ist absolut gelungen. Die erste und einzige Season von The Chicago Code hatte die eine oder andere Schwäche, aber FOX gab der Serie nicht die Zeit, um mehr aus dem Potential zu machen und eine noch mannigfaltigere Chicago-Welt aufzubauen, wie Shawn Ryan es wirklich gut kann…