Ohne Familie wird man nackt in einer Wüste stehen und sich wundern, warum man noch am Leben ist. In dieser Episode stellt Firefly nicht nur Genres einander gegenüber, sondern auch Lebens- und Figurenkonzepte innerhalb desselben Genres. Auf der einen Seite steht der einsame Cowboy, der keine Familie hat und jeden Job für Profit annimmt, um seinem Leben einen Sinn zu verleihen – die alte Variante des Söldners. Wer steht auf der anderen Seite? Der Cowboy, der zwar alleine antritt, um seine Cowboy-Würde zu behalten, aber seine Freunde und Familie hat, um die er sich kümmert und die seinen Rücken in schwierigen Situationen decken. Hiermit sind natürlich Mal und Saffron (Christina Hendricks) gemeint, die in dieser Episode wieder auftaucht. Interessanterweise sind Mal & Co. streng genommen auch Söldner, aber sie sind zusammen, ein Team und wie wir gesehen haben, handeln sie nicht ohne Rücksicht auf Verluste.
Joss Whedon führt mit Trash, mit der Episode die es nie auf die TV-Bildschirme schaffte, die rhetorischen Kämpfe aus Our Mrs. Reynolds fort und zu einem Showdown. Es handelt sich hier um einen Showdown zwischen einer Cowgirl und dem Cowboy, und der letzte ist der mit der Familie. Interessante, aber typische für Joss Whedons Universum Umkehrung. Wer den Showdown gewinnt, entscheiden letztendlich nicht die Geschwindigkeit bei dem Umgang mit einer Waffe oder der eigenen Zunge. Das Vertrauen macht hier den Unterschied. Nicht in sich, sondern in anderen, im Team, in der Familie.
Denn Trash ist eine Episode über Vertrauen und Sich-Verlassen-Können. Ohne Vertrauen kann man nicht nackt und entspannt auf einem Stein in der Wüste sitzen und sarkastisch sagen: „That went well.“ Mit Mal, genau in der beschriebenen Lage, eröffnet die Episode in medias res, um dann zurückzuspulen und uns zu zeigen, wie es dazu kam. Mal trifft einen alten Kriegskameraden, namens Monty, nur um zu erfahren, dass dieser schwer verliebt ist und geheiratet hat. Ich darf vorstellen – Bridget.Und plötzlich sind wir mittendrin in einem heftigen Kampf, denn Bridget ist Saffron, der wir bereits in Our Mrs. Reynolds begegnet waren! Und Mal vergeudet keine Sekunde bzw. versucht mit Waffe in der Hand einem geschickten verbalen Hinters-Licht-Führen zuvorzukommen. Das Ende vom Lied – Monty lässt vorsichtshalber beide – Saffron und Mal – zurück und fliegt enttäuscht und gekränkt von dannen. Da Mal physisch die Überhand behält, muss Saffron gehen. Oder nicht? Bekanntlich hat sie immer einen Plan. Als Nächstes sehen wir sie in Serenitys Küche Mal und der Crew von einem lohnenswerten Job erzählen. Es handelt sich um einen Antiquitätenraub.
Kurz vor dieser Szene geraten Mal und Inara in einen Streit über die Berufe, die die beiden ausüben und über die Tatsache, dass beide schon eine Weile keinen Auftrag hatten. Inara wirft dabei Mal vor, dass er ihre Arbeit sabotiert. Vielleicht schlägt Mal tatsächlich mit einer Klappe zwei Fliegen: Bewusst geht er der Alliance aus dem Weg und unbewusst hält Inara davon ab, ihrem Beruf nachzugehen.
Saffrons Auftauchen ist dann nicht unbedingt eine Tatsache, die Inara friedlicher stimmt. Erst am Ende zahlt sich wirklich aus, was hier die Firefly-Autoren inszenieren. Denn sie sind diejenigen, die mit einer Klappe zwei Fliegen schlagen: Auf der einen Seite zeigen sie uns, dass was zwischen Mal und Inara keimt, anfängt zu wachsen. Und auf der anderen führen sie uns in die Irre, da keiner damit rechnen kann, dass Inara Teil von Mals Plan ist. Und in diesem geht es darum „to play the player“, Saffron in ihrem eigenen Spiel zu schlagen.
Aber auf dem Weg dorthin erfahren wir noch mehr über Mrs. Reynolds. Als sie und Mal den reichen Alliance-Offizier (Durran) ausrauben wollen, der auf seiner im Himmel schwebenden Insel (die Architektur dort erinnert an die Arbeiten von Kenzo Tange und Tadao Ando) mit Antiquitäten aus der Erde, wie sie früher mal war, sammelt – darunter ist auch eine Telefonzelle zu sehen – stellt es sich heraus, dass Saffron auch mit ihm verheiratet war, und das ganze sechs Jahre lang.
Allerdings unter dem Namen Yolanda, was dazu führt, dass Mal sie Yo-Saf-Bridge nennt. Und Yo-Saf-Bridge kann man nicht vertrauen. Wenn schon die rhetorischen Spielchen keinen Erfolg bei Mal bringen, dann die physischen – in Gestalt von Tränen. Aber Mals Anteilnahme ist diesmal auch gespielt und Mrs. Reynolds Handeln – ihn zu hintergehen – vorausgesetzt. Nun, ihn komplett nackt in der Wüste zu lassen, eher weniger. Dafür kann Mal einer anderen Frau trauen, die Teil seiner Crew ist.
Inara zeigt Saffron am Ende, das sie von der Serenity-Crew ausgespielt wurde. Gleichzeitig in einer sehr schönen Szene, als Jayne nach einem Stromschlag während des Jobs für kurze Zeit außer Gefecht gesetzt wird, erteilt ihm Simon eine Lektion über Vertrauen. Simon erzählt dem bewegungslosen Jayne, dass er und River wissen, was Jayne auf Ariel tat und trotzdem ihn als Teil der Serenity-Familie sehen, ihm vertrauen und er sollte das Gleiche tun. Diese Szene korrespondiert mit der Unterhaltung vom Anfang der Episode, in der auf verspielte Firefly-Art der Inhalt der kompletten Episode thematisiert wird:
Jayne: „Well, as a rule, I say, girlfolk ain’t to be trusted.“
River: „Jayne is a girl’s name.“